Donnerstag, April 25, 2024
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Mythischer Bambus

Wenn jemand sprichwörtlich dem Gras beim Wachsen zusieht, dann beschreibt dies normalerweise verbrachte Stunden der Muße, oder aber der Langeweile. Dabei ist dieser Spruch nur halb so wahr, wie man glauben möchte. Botanisch betrachtet gehört Bambus zu den Gräsern – und kann im Extremfall bis zu einen Meter am Tag wachsen.

Der Umstand, dass Bambus schnell und robust wächst, macht ihn zu einem praktischen Werkzeug. Er findet Einsatz als Lebensmittel, als Baustoff – vom Möbel bis zum Fahrrad – oder als Rohstoff zur Erzeugung von Papier oder Bekleidung. Auf der anderen Seite kann er, wenn nicht erwünscht, ein Unkraut sein, gegen das kaum ein anderes Kraut gewachsen ist. In zahlreichen Internetforen klagen Hobbygärtner über ihre monatelangen Kämpfe gegen die unerwünschte Ausbreitung von Bambus, der nur mit dem Einfassen der Wurzel in undurchdringliche Barrieren (oder Gift) gewonnen werden kann.

Fahrrad aus Bambus aus dem Jahr 1896 (Wikimedia Commons)
Fahrrad aus Bambus aus dem Jahr 1896 (Wikimedia Commons, gemeinfrei)

Rund um das schnelle Wachstum von Bambus rankt jedoch auch ein grausamer Mythos. Während des zweiten Weltkriegs sollen die Japaner die sogenannte Bambusfolter an gefangenen Alliierten praktiziert haben. Dabei werden die Opfer über einem Bambusspross, der kurz vorm Austreiben ist, liegend am Boden fixiert. Der Bambus durchdringt während der nächsten Tage die Haut und den Körper, was zu extremen Schmerzen bzw. zum Tod der gefolterten Person führt.

Es ist nicht wirklich gesichert, dass die Japaner tatsächlich zu dieser Methode gegriffen haben. Schriftlich dokumentiert scheint der Einsatz dieser Foltermethode im Krieg zwischen Malaysier und Siamesen zu sein (19. Jh.), und auch auf der idyllischen Insel Reunion soll sie zur Bestrafung von Sklaven gedient haben (durch den Anus). Dass die Foltermethode funktioniert, hat jedenfalls ein Team des Discovery Channel im Jahr 2008 erfolgreich bewiesen. Dabei ließ man Bambus in ballistische Gelatine wachsen, einem Material, das der Konsistenz menschlichen Fleischs einigermaßen entspricht. Nach nur drei Tagen war der Bambus einige Zoll tief in die Gelatine verwachsen.

Doch sei es nun bewiesen oder nicht, sei es geschehen oder nicht – ich wünsche wirklich niemandem die Gelegenheit – im Falle dieser brutalen Anwendung – dem Gras beim Wachsen zuzusehen.

Wachsender Bambus (BBC Wild China)

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