Übernatürliche Mächte im Sport, Teil 2: Diesmal spukt‘s im American Football
Nachdem wir letztes Mal einen Fluch vorgestellt haben, der Benfica Lissabon zur hundertjährigen Erfolglosigkeit auf europäischer Ebene verdammt, widmen wir uns diesmal einer Hexerei, die gezielt einzelne Spieler erwischt. Und zwar jene, die sich unvorsichtigerweise auf dem Cover des Computerspiels „Madden NFL“ ablichten lassen. „Madden“ ist eine 1988 von Electronic Arts gestartete Reihe von Football-Simulationen und auf dem amerikanischen Heimatmarkt das, was die FIFA-Reihe für EA im Rest der Welt ist: Die Lizenz zum Gelddrucken.
Als Sportspiel- und Football-Fan habe ich mir vor ein paar Jahren mal eine Madden-Ausgabe gekauft und war zunächst von Grafik und Präsentation begeistert, nur um beim ersten Match angesichts der unglaublichen Komplexität von Spielablauf und Steuerung so schnell die Waffen zu strecken wie der gemeine Hobbysportler, wenn eine Horde durchtrainierter Football-Kolosse in voller Montur auf ihn zustürmt. Auch eine Art Madden-Fluch, auch wenn in diesem Fall hauptsächlich ich vor der Konsole geflucht habe.
Der „richtige“ Madden-Fluch dagegen begann 1998. Bis dahin war stets der namensgebende legendäre ehemalige Footballcoach John Madden auf dem Cover abgebildet, doch ab der 99er-Version der Serie entschied man sich dazu, wie bei FIFA gerade angesagte aktive Sportler auf die Packung zu hieven. Und damit ging das Unheil los. In den folgenden 20 (!) Jahren hatten die Cover-Stars in der entsprechenden Saison nämlich ausnahmslos kein Glück, und meistens kam sogar noch Pech dazu. Die meisten Sportler erlitten schwere Verletzungen oder dramatische Leistungseinbrüche, einige wenige spielten eine ordentliche Saison, rissen aber mit ihren Teams genau gar nichts. Die gesamte Seuchenliste ist u. a. auf Wikipedia nachzulesen und enthält solche Lowlights wie Arm- und Beinbrüche, spielentscheidende Ballverluste oder überhaupt gleich das Karriereende.
Den Vogel in negativer Hinsicht schoss Running Back Adrian Peterson ab, der 2012 zum Most Valuable Player der Liga gewählt wurde und 2013 das Cover von Madden 14 zierte (Madden erscheint stets im Herbst kurz vor Start der neuen NFL-Saison). Ich zitiere aus Wikipedia: „Die Saison begann für ihn mit einer persönlichen Tragödie, als sein Sohn vom Freund der Mutter erschlagen wurde. Außerdem erzielte er mit den Minnesota Vikings nur 5 Siege in 16 Spielen und fiel gegen Saisonende mit einer Verletzung aus. Im tatsächlichen Kalenderjahr 2014 wurde Peterson wegen Kindesmisshandlung angeklagt und wurde für die gesamte Saison gesperrt.“ Die Kindesmisshandlung bezog sich übrigens auf die körperliche Züchtigung seines vierjährigen Sohnes. Unnötig zu erwähnen, dass Mr. Peterson nach Ende seiner Sperre nie wieder an seine vorangegangenen Leistungen anknüpfen konnte, wie so viele der „Madden-Opfer“.
Aber nun ist Licht am Ende des Tunnels in Sicht. Madden 2017 hatte Rob Gronkowski von den New England Patriots auf dem Cover und dem gelang es doch tatsächlich als erstem Madden-Coverstar überhaupt, in der darauffolgenden Saison Superbowl-Sieger zu werden. Pferdefuß an der Sache: In schönster Fluch-Tradition wurde „Gronk“ von Rücken- und Lungenproblemen geplagt, konnte nur 8 Spiele bestreiten und fiel auch in den kompletten Playoffs aus.
Dennoch, der Fluch ist so gut wie erledigt, denn heuer hat man im Hause Electronic Arts die ganz großen Geschütze aufgefahren: Coversportler des im Herbst 2017 erschienenen Madden 18 ist niemand Geringerer als Superstar-Quarterback Tom Brady, anerkanntermaßen der Greatest of all time. Der GOAT hat bei der Bekanntgabe seines Engagements gleich mal launige Videos gepostet, in denen er sich vorsichtshalber buchstäblich in Watte packte, und es scheint geholfen zu haben: Der mittlerweile 40-jährige Brady steht mit seinen New England Patriots erneut im Superbowl und hat am 4.2. die Chance, seinen sechsten Triumph einzufahren und quasi Vorbeigehen auch noch demMadden-Fluch endgültig den Garaus zu machen. Und die Chancen stehen nicht schlecht: In Sachen Superbowl-Triumphe steht es zwischen Brady und Endspielgegner Philadelphia Eagles nämlich 5:0 – nicht zuletzt, weil Brady mit den Patriots die Eagles bereits 2005 im Endspiel besiegt hat. Aber wer weiß: Vielleicht hat der Madden-Fluch ja noch eine letzte böse Überraschung in petto. In der Nacht von 4. auf 5. Februar werden wir es erfahren. Trift wird zwar keine Superbowlparty veranstalten, wünscht aber schon mal allen Football-Fans viel Spaß beim diesjährigen Superbowl – ob mit oder ohne Fluch!
Links:
- Der „Madden-Fluch“ (Wikipedia)