Immer wieder zirkulieren und schockieren die Horrorgeschichten von Vergewaltigungen in Indien und Asien in den westlichen Medien. Gewalt gegen Frauen scheint in manchen Kulturen des Ostens einen derart hohen Grad an Legitimität zu besitzen, dass es uns nur noch grauen kann. Hier sind die Grenzen interkulturellen Verständnisses erreicht und überschritten. Als Regions- und Kulturfremder sind derartige Vorfälle aber schwierig zu beurteilen – es fehlt nicht nur das Gespür für die Kultur, sondern meist auch jegliche Information über die (Quellen-)Qualität der Nachrichten, sowie Vergleichsstatistiken zu anderen Ländern. Diese Distanz macht es unter anderem auch schwierig zu beurteilen, woher die Gewaltbereitschaft rührt.
Was man auch als Westler gut versteht, sind Medienformate, die hier wie dort existieren. In Thailand sind es anscheinend Seifenopern, die beträchtlich dazu beitragen, männliche Überlegenheit und sexuelle Gewalt zu normalisieren. Soaps sind in Thailand sehr beliebt und folgen üblicherweise sehr einfachen Plots: Es gibt die Guten, es gibt die Bösen, Konflikt und Intrige spinnen die Story bis zum Happy End. Vergewaltigungsszenen gelten für die Hersteller dieser Serien als übliches Mittel, um die Spannung einer Serie zu erhalten.
Problematisch dabei ist vor allem, dass der männliche Übergriff dabei meist nicht als „böse“ gewertet und selten bestraft wird. Vergewaltigung ist eine legitime Bestrafung für „das böse Mädchen“. Das Publikum der erfolgreichen Soap Dao Puean Din kann im moralischen Dilemma nur zustimmen, wenn die mehrfache Mörderin am Ende der Serie von zwölf Männern vergewaltigt wird – sie hat es ja verdient!
Doch auch „die Guten“ vergewaltigen. Dass eine Frau gewaltsam zum Sex genötigt wird, war das Erfolgsrezept der thailändischen Soap The Power of Shadows. Dort wird die Heldin vergewaltigt, heiratet jedoch anschließend den Täter – und alles ist gut. Die thailändische Sprache hält sogar ein eigenes Wort für diesen Umstand bereit: „Blum“. Dieses Wort bedeutet in etwa „Raufen“ und steht für einen gewaltsamen Sexualakt, der vom Mann initiiert wird, um die Frau in sich zu verlieben. „Blum“ ist, weil gut gemeint und im Nachhinein „konsensuell“, nicht strafbar.
Die Normalität männlicher Sexualgewalt geht sogar so weit, dass der thailändische Minister für Tourismus und Sport 2013 im Fall einer in Krabi vergewaltigten 19-jährigen Niederländerin sagte, der Vorfall könne nicht als Vergewaltigung betrachtet werden, denn die Frau hatte zuvor mit dem Täter zu Abend gegessen.
Man kann schwer über andere Kulturen urteilen. Verurteilen kann man jedoch, dass Fernsehproduzenten ihr Publikum immer wieder positiv darin bestätigen, dass sexuelle Gewalt gegen Frauen zu einem hohen Grad normal sei. Mit derart unmenschlichen Botschaften Geld zu verdienen ist schlicht und einfach inakzeptabel.
Weiterführende Links
- „Thai soap operas trigger outcry over romanticising rape“ auf bangkokpost.com
- „When is Rape Not Rape? When it happens in Thailand“ auf khonkaen.ws