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Wer Filme sät, wird Dokus ernten

533 Filmrollen wurden gefunden (via cbc.ca)
533 Filmrollen wurden gefunden (via cbc.ca)

Die Winternächte sind lang, die Temperaturen mit bis zu 55 Grad unter null eiskalt. Auch des Sommers, wenn die Sonne nie schlafen zu gehen scheint, erklimmt das Quecksilber kaum die 20-Grad-Marke. Und doch zog es Ende des 19. Jahrhunderts 40.000 Menschen in die 1896 neu gegründete Stadt Dawsen City. Grund dafür war, wie sollte es anders sein, die Hoffnung auf schnellen Reichtum. Sechs Jahre später war der Spuk auch schon wieder vorbei und es blieben gerade mal 5.000 verbissene Goldgräber in der Stadt am Yukon.

Ganz spannend, aber nichts Besonderes möchte man meinen, wäre nicht ausgerechnet hier 1978 ein Schatz ans Tageslicht gefördert worden.
Bei Aushubarbeiten zum Bau eines neuen Freizeitzentrums fand man 535 Filmrollen aus den Kinderjahren des Films. Stummfilme, Reiseberichte und Newsreels, ähnlich unserer Wochenschau, gebannt auf Zelluloid und im kanadischen Permafrostboden über 50 Jahre lang konserviert.

eine Filmrolle bei den Ausgrabungsarbeiten (via yukon-news.com)

Wie aber gelangten diese Filme in den Boden möchte man fragen. Der Weg nach Dawsen City war seit jeher ein mühsamer und so war es billiger dorthin versendete Filme neu zu produzieren, als sie von dort oben wieder zurückzuholen. So wurde die Stadt zu einer Art Endlager für Filmrollen. Da sich diese aber des Öfteren selbstentzündeten, war ihre Lagerung derart problematisch, dass man dazu überging, die Filme entweder zu verbrennen oder in den Yukon zu schütten.

Der für die Entsorgung Zuständige, ein Bankangestellter, hatte jedoch Bedenken umweltschützerischer Natur, die Filme im Fluss zu entsorgen und so organisierte er, dass sie als Füllmaterial zusammen mit allem möglichen anderen Schrott in einem verwaisten Swimmingpool gekippt wurden, um dort als Basis für die örtliche Eislaufbahn zu fungieren. Und genau dort wurden sie 1978 auch wieder ausgebaggert.

Der aus Chicago stammende Regisseur und Dokumentarfilmer Bill Morison hat sich in liebevoller Kleinarbeit, dem Material angenommen, es digitalisiert, gesichtet und aufgearbeitet und stellte nun am 5. September diesen Jahres im Zuge des Venice Film Festivals den daraus entstandenen Film „Dawson City: Frozen Times“ vor. Er dokumentiert darin in 120 Minuten den Aufstieg und Fall der Goldgräberstadt mittels der gefundenen Filmoriginale.

Ob der Film in Österreich in die Kinos kommen wird, bleibt abzuwarten. Der Trailer, auf jeden Fall, würde Lust auf mehr machen. Bis es soweit ist, bleibt nur sich der tristen Gegenwart einer österreichischen Kleinmetropole zuzuwenden.

Dawson City Frozen Time – Trailer from Bill Morrison on Vimeo.

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