Als junger Österreicher, der mit der Musik von Sublime den Hauch der Leichtigkeit des Lebens verbindet, ist die Vorstellung von gewaltsamen Ausschreitungen in der eigenen Heimat etwas fern, deswegen brauchte ich vermutlich bis heute mich zu erwärmen, die Hintergründe dieses Vorfalls zu recherchieren:
Am 29. April 1992 begannen in Los Angeles blutige Unruhen, die einige Tage anhielten und erst mithilfe eines ausgedehnten Militäreinsatzes beendet werden konnten. Vermeintlicher Auslöser der Unruhen war der Freispruch von vier Polizisten, die zuvor der Misshandlung des Afroamerikaners Rodney King beschuldigt worden waren. Vor allem die afroamerikanische Bevölkerung reagierte darauf mit Empörung, da zuvor Ausschnitte der Misshandlungen im Fernsehen gezeigt wurden, die unmissverständlich auf übertriebene Gewaltausübung der Polizisten hinwiesen. Auch eine zweite Videoaufnahme, die zu dieser Zeit im Fernsehen kursierte, heizte die Rassenspannungen an. Auf dieser schießt eine koreanische Verkäuferin einer 15-jährigen Afroamerikanerin in den Hinterkopf, nachdem es zuvor eine Rangelei an der Verkaufstheke gegeben hatte.
Am Nachmittag des Freispruchs versammelten sich wütende Afroamerikaner und machten ihrem Unmut Luft, indem Steine geworfen wurden und nicht-schwarze Passanten und Autofahrer angegriffen wurden. Die Polizei, die sich mit dieser Situation überfordert sah, zog sich zurück, wodurch die Dynamik ihren Lauf nahm, und sich der Aufstand immer weiter ausbreitete. Die öffentliche Ordnung brach zusammen, und immer mehr Menschen, auch anderer Bevölkerungsgruppen, beteiligten sich an Plünderungen und Brandstifterei. Erst am vierten Tag gelang es der Polizei, unterstützt von US Army, Nationalgarde und US Marines, den wütenden Mob unter Kontrolle zu bringen. Bis dahin kamen 53 Menschen ums Leben, ca. 2.500 wurden verletzt, und zudem entstand ein wirtschaftlicher Schaden von schätzungsweise einer Milliarde US-Dollar.
Dies ist natürlich ein Stück US-amerikanischer Geschichte. Doch wenn man nach Gründen für solch kriegsähnliche Zustände in einem so „fortgeschrittenen“ Land sucht, so ist eine der plausibelsten Erklärungen eine vorherrschende soziale Ungleichheit, die nicht nur rassisch motiviert ist, sondern mit finanziellen Möglichkeiten einhergeht, die quasi einer Benachteiligung qua Geburt entsprechen.
Als Freund der Idee des Sozialstaats drücke ich also mit dem Finger auf eine Wunde, die auch in Österreich immer tiefer klafft – die zunehmende Schere zwischen Arm und Reich. Denn die beste Prävention vor unreflektierter Gewaltausübung ist zu verhindern, dass sich jemand benachteiligt fühlt. Und dazu trägt der Staat bei, indem er den neoliberalen Feudalimus bängigt.
Weiterführende Links
- Lyrics zu Sublimes „April 29, 1992“ auf azlyrics.com
- Footage zu den Rodney King Riots auf youtube.com