Wie schon in meinem letzten Diary berichtet, hatte ich das Vergnügen, vor kurzem einige Tage in unserer Bundeshauptstadt verweilen zu dürfen. Und dort, genauer gesagt auf der Donauinsel, auf diesem kleinen kulturlandschaftlich überprägtem Flecken Natur in Mitten einer Millionenstadt, hab ich zum ersten Mal in meinem Leben Spuren des größten Nagetiers Europas zu Gesicht bekommen.Irgendwie wirkte das Ganze völlig deplatziert und trotzdem, oder vielleicht auch deshalb, faszinierte mich der Anblick der gefällten Bäume, die Castor fiber, also der eurasische Bieber, in die Donau gekippt hatte, gewaltig.
Im darauffolgenden Gespräch mit Freunden bemerkte ich, dass mein Wissensstand Bieber betreffend ziemlich endlich war, was angesichts des fehlenden Kontaktes mit diesem Wesen, aber auch entschuldbar ist. Doch nachdem ich ja nun meinen „beinahe Erstkontakt“ hinter mir habe, hier nun mal ein kurzer Faktencheck, damit es euch, solltet ihr diesen Moment noch vor euch haben, nicht so eiskalt erwischt.
Also, der Bieber wurde 1863 in Österreich ausgerottet. 1976 versuchte man eine neue Population, allerdings seines kanadischen Artverwandten, Castor candadensis, anzusiedeln, die aber nach kurzer Zeit schon wieder verschwunden war. Man geht davon aus, dass wir Österreicher es geschafft haben, den Bieber gleich zweimal auszurotten. Erst ein weiterer Ansiedlungsversuch von Castor fibel brachte Erfolg. Seitdem ist die Population gut gewachsen und man schätzt, dass etwa 4400 Bieber in Österreichs Flüssen leben. Zwei Drittel davon im Niederösterreichischen Landesgebiet.
Der Bieber ist ein reiner Pflanzenfresser, der allerdings keinen Winterschlaf hält und so in der kalten Jahreszeit hauptsächlich mit Baumrindenverzehr sein Leben fristet. Das an Land recht plumpe Tier, das bis zu 130 Zentimeter lang und bis zu 30 Kilo schwer werden kann, fällt zu diesem Zweck ufernahe Bäume und zwar so, dass diese im Wasser zu liegen kommen, wo sie dann von allen Seiten geschält werden können. Die Reste dieses Mahls werden dem bieberischen Wohnbau zugeführt.
In den Bauten lebt ein monogames Pärchen, meist mit zwei Generationen ihrer Kinder, was im Mittel zu einer fünfköpfigen Biberfamilie führt. Diese fällt im Jahr durchschnittlich 50 Bäume in ihrem Revier, das abhängig von der Güte zwischen 800 Metern und fünf Kilometern Flusslauf einnimmt. Diese Tatsache hat in Wien zu einigem Unmut betroffener Schrebergärtner geführt, die den pelzigen Tieren inzwischen den Titel „Problembieber“ verliehen haben.
Da wir die natürlichen Fressfeinde der Bieber, wie Wolf und Bär, weitgehend ausgerottet haben, reguliert sich der Bestand durch artinterne Konkurrenz hinsichtlich bewohnbarer Flussabschnitte und dürft laut Expertenmeinung mit aktuell ca. 250 Tieren in Wien seinen Zenit erreicht haben.
Zusammenfassend möchte ich festhalten, dass meiner Meinung nach, der Bieber bezüglich seines Wohnverhaltens, seiner Familiengröße aber auch seiner veganen Ernährung und seiner Vorliebe für ausgedehnte Bäder in der Donau, ein wirklich gut zu Wien passendes Tier ist und ich wünsche ihm, dass die Integration gelingt. Und vielleicht, ja ganz vielleicht kauft er sich ja mal ein Busticket und besucht die Steiermark.
In diesem Sinne: Klopf, klopf, nag, nag!