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Deutsche Sprache, Schwere Sprache #7 – Ist doch toll, oder?

Ausschnitt aus Die tolle Grete von Pieter Bruegel, Loeffel im Anus
"Die tolle Grete" von Pieter Bruegel, dem Älteren (ca. 1562 / wikimedia commons)
„Die tolle Grete“ von Pieter Bruegel, dem Älteren (ca. 1562 / wikimedia commons)

Sprache ist etwas Tolles. Sie ist stetem Wandel unterworfen, und die Beschäftigung damit kann ein wunderbares Werkzeug dafür sein, die Welt nicht allzu ernst zu nehmen. Da ist auch ein dilettantischer Zugang billig und recht.

Toll ist auch ein gutes Beispiel für sprachlichen Bedeutungswandel. Heute als Adjektiv toll äußerst positiv besetzt, rührt es etymologisch aus einem eher negativ besetzen Kontext her. Ursprünglich einen unangenehmen und unangebrachten Lärm anzeigend, wurde es im weiteren historischen Verlauf auf Menschen angewandt, die nicht wussten, wie man sich in manchen Situationen „normal“ verhält. „Ein toller Mensch“ war somit entweder betrunken, cholerisch, oder gar permanent außerstande sich konform zu verhalten, also wahnsinnig. In diesem Zusammenhang können zahlreiche alte Schriften zitiert werden. Das Adelung Wörterbuch aus dem Jahr 1793 nennt dazu Beispiele, und auch der uralte Sinnspruch „Doll ist glückhafftig“ legt Zeugnis alternativer Interpretation ab:

Obwohl sich die negative Konnotation auch heute noch in den Begriffen Tollhaus, Tollwut oder Tollkirsche wiederfindet, würde es wohl niemand als unangenehm empfinden als toll bezeichnet zu werden. Also kann man es ruhig auch toll finden, dass manche Menschen ihre Individualität dadurch ausdrücken, sich mit den Bärten und Flanellhemden eines Milieus zu schmücken, das sie vor einigen Jahren vermutlich noch als roh und primitiv befunden hätten.

Quellen / Weiterführende Links

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