Nach den letztjährigen Protesten rund um den Gezipark sorgte heuer ein extremes Aufgebot an Sicherheitskräften dafür, dass an ihrem ersten Jahrestag nicht zu viel Wirbel im Herzen Istanbuls entsteht. In der Innenstadt, und damit auch am Taksim-Platz, herrscht striktes Demonstrationsverbot – und das soll auch so bleiben. Die Regierung Erdogan mag sich jedoch nicht nachsagen lassen undemokratisch zu sein: Will das Volk in Istanbul seine Stimme erheben, so darf es das auch – auf einem Platz, der den Vorstellungen der amtierenden Elite entspricht.
Das vorgesehene Gelände ist eine erst kürzlich aufgeschüttete Halbinsel im Marmara-Meer. Freie Meinungsäußerung, in Form von Kundgebungen und Protesten, soll nunmehr offiziell an einem Ort stattfinden, der von drei Seiten mit Wasser begrenzt ist und am Rande der Innenstadt liegt. Als Kompensation für diese „Verlagerung“, weg vom Zentrum, weg von der Aufmerksamkeit, argumentiert man mit einer wunderbar grossen Ausdehnung (73 ha) und vielem Grünzeug, das dort wachsen soll.
Traurigerweise bleiben den Bürgern, die weiterhin in der Innenstadt ihre Meinung kundtun wollen, nur wenige Ausreden. Eine davon wäre, die angekündigte Demonstration mit dem Navi zu suchen. Damit ist der neue Platz (noch) nicht zu finden, denn bisweilen scheinen ihn die großen Anbieter von Straßenkarten im Internet nicht zu kennen. Also schnell – ab zum Demonstrieren mit dem Navi.
Ehrlich – wenn man an solch‘ blöden Tricks denken muss, um auf eine derartige Kundegebungsregulierung zu reagieren – das tut wirklich weh!
Weiterführende Links
- „Erdogan warnt vor Protesten“ auf news.orf.at