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Mit Tabak gegen den Ertrinkungstod

Heutzutage würde vermutlich kein Arzt dazu raten, Tabak als Medizin einzusetzen. Doch das war nicht immer so. Vom 17. bis Anfang des 19. Jahrhunderts war Tabak eine etablierte Arznei in der westlichen Medizin. Dabei wurde der heilsame Rauch nicht nur durch den Mund aufgenommen, sondern auch anal oder vaginal.

Die damalige Medizin war noch stark von der antiken Säftelehre eingenommen. Aus dieser Perspektive galt Tabak als wärmend und stimulierend, und wurde dementsprechend bei Erkältungen und mattem Körpergefühl verschrieben. Der postulierte, wärmende Effekt von Tabakrauch führte letztlich auch dazu, dass er als potentes Mittel zur Wiederbelebung von Personen galt.

Ärzte bei der Anwendung von Tabakrauch als Arznei (via listverse.com)
Ärzte bei der Anwendung von Tabakrauch als Arznei (via listverse.com)

Im 18. Jahrhundert galt das Einblasen von Tabakrauch in den Anus als eines der wichtigsten Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Wasserunfällen. Medizinisch gleichgestellt mit künstlicher Beatmung wurde Menschen, die dem Ertrinken nahe waren, Rauch in die Hinteröffnung geblasen, um sie wiederzubeleben.

Zahlreiche Erfolgsgeschichte trugen dazu bei, dass die Wirksamkeit dieser Methode als gegeben hingenommen wurde. So sah eine gesetzliche Verordnung zu Zeiten Maria Theresias vor, dass jede Gemeinde entlang der Donau ein Tabakklistier zur Verfügung haben müsse, um bei Wasserunfällen schnelle Hilfe bieten zu können. Auch in England ließ die Royal Human Society zahlreiche Tabakklistiere entlang der Themse installieren.

Zeichnung eines Geräts für „Tabakeinläufe“ (wikimedia commons)

Tabakqualm wurde auch bei Erkrankungen des Verdauungstrakt, wie Verstopfung, Kolik, Wurmbefall oder Darmbruch, rege eingesetzt. Erst als Benjamin Brodie im Jahre 1911 den Nachweis erbrachte, dass Nikotin eigentlich eine giftige Substanz ist, begann sich die moderne Medizin von Tabak als praktisches Heilmittel abzuwenden.

Quellen / Weiterführende Links

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