Nur selten wird irgendwo geäußert, dass der dauerumstrittene Klimawandel auch entzückende Seiten haben kann. Eine dieser ist die Ausbreitung mancher Pflanzen- und Tierarten, die bis vor wenigen Jahrzehnten lediglich südlich von Österreich zu finden waren. Während ich mich über diese Zuwanderung freue, sehen viele Menschen dieses Phänomen, ähnlich der Flüchtlingsthematik, sehr kritisch. Das liegt sicher nicht zuletzt an der „Angst verkauft sich gut“-Berichterstattung mancher Medien über die zunehmende Verbreitung giftiger Tiere wie Sandvipern oder Dornfingerspinnen. Aber mal ehrlich: Da Menschen nicht die bevorzeugte Beute von kleinen Schlangen oder Spinnen sind, und deren Biss nur in den selten Fällen ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen, ist eigentlich kein Grund zur Panik gegeben.
Welcher Neuankömmling mir wirklich gefällt, ist die Gottesanbeterin. Mantis religiosa verbreitet sich seit den 1990ern auch in Gegenden nördlich des 46. Breitengrads und fühlt sich in Österreich in Kärnten, dem Grazer Raum und in vielen anderen warmen Gebieten anscheinend sehr wohl. Die Gottesanbeterin ist eine geschickte Jägerin mit anmutiger Gestalt. Das an Wesen von fernen Planeten erinnernde Tier ist derart gefräßig, dass es sogar vorkommt, dass die etwas größeren Weibchen die Männchen nach oder sogar während der Paarung verspeisen.
Ob Ihres Aussehens ranken auch zahlreiche Mythen um die Gottesanbeterin. So soll sie für die Griechen der Antike Glück verheißen, vielen Muslimen den Weg nach Mekka gewiesen, und viele Italiener krank gemacht haben, wenn ihnen diese zu lange in die Augen starrten. In einigen Regionen ist sie gar als „Hennenwürger“ bekannt, da geglaubt wurde, dass Hühner beim Versuch Gottesanbeterinnen zu fressen ersticken würden. In Niederösterreich ist Mantis religiosa als Leshanl („Lesehahn“) bekannt, da man zur Zeit der Weinlese üblicherweise viele ausgewachsene Tier zu Gesicht bekommt.
Dokumentation über Mantis religiosa (Zum Spanischlernen)