Wenn ich das schon wieder höre: „Morgen müssen wir früh los!“, dann quält mich am Tag davor schon der Gedanke, wie ich denn aus den Federn kommen soll.
Der wahre Alpinist muss im Dunklen aufstehen und vor Einbruch der Dunkelheit oder auch danach wieder im Tal sein. Auch mein männlicher Kletterpartner gehört zu dieser Kategorie „Superbergsteiger“, an dem ich immer wieder so meine Bedenken äußere.
Im direkten Vergleich zu meiner weiblichen Kletterpartnerin sieht das wie folgt aus (ehrlicherweise muss ich dazusagen, dass diese Art der Kletterei im schönen Arco stattfand und es eigentlich ein entspannter Kletterurlaub sein sollte):
Erster Kurzurlaub mit Irene :
Abfahrt in Berchtesgaden am Freitag um 13.00. Über das kleine deutsche Eck auf die Autobahn, kein Stau. Kurz vor der Abfahrt Trento Nord noch ein Stopp an der Raststätte; wir trinken Capuccino und essen Schokolade dazu.
Um 18.00 sind wir im Hotel und beziehen gemütlich unser Zimmer. Danach spazieren wir ins Zentrum und speisen in einer bekannten Pizzeria. Wir trinken dann noch im Hotel ein Glaserl Wein auf dem Balkon mit super Aussicht zum Collodri.
Samstag: Wir schlafen uns aus und gehen gemütlich um 8.00 zum Frühstück. Da die Zustiege nicht weit sind, befinden wir uns um 9.30 am Einstieg der ersten
Tour. Wir sind zu Mittag schon im schattigen Gastgarten der Pizzeria La Lanterna und genießen den frischen Salat aus dem Garten von Ruggero. Wir gehen zum Hotel und machen mal ein Mittagspäuschen; Irene am Zimmer, ich am Pool.
Um 15.30 ziehen wir wieder los, da nun der Schatten in der Paolo Wand ist. Wir klettern entspannt die zweite Tour und sind um 18.30 wieder im Hotel. Wir gehen dann nach dem Duschen zu Fuß wieder zu Ruggero und verbringen dort einen lockeren Abend.
Sonntag: Wir schlafen solange wir wollen; sind sowieso um 7.30 munter. Dann Frühstück und ab zur langen Sonntagstour an der Costa del Anglone. Es ist bewölkt und daher nicht zu heiß. Um 10.00 steigen wir ein und um 13.00 sind wir am Gipfel. Jetzt brennt die Sonne schon ordentlich runter, und wir sind sehr froh, als wie anschließend im Ristorante an der Zubringerstraße zur Autostrada sitzen. Um 16.30 fahren wir Richtung Heimat. Es war ein tolles Wochenende mit richtigem Urlaubsfeeling.
Zweiter Kurzurlaub mit Hans:
Abfahrt Mittwoch 9.00 in Salzburg (ich konnte Hans überzeugen, dass das reicht). Auch wir stoppen an derselben Raststätte vor Trento, ein Cappuccino ist aber nicht vorgesehen, da so viele Leute anstehen. Um 14.00 sind wir am Hotel und beziehen unser Zimmer. Um ca. 15.00 wandern wir Richtung Paolo Wand, Gottseidank im Schatten.
Wir haben uns eine Tour ausgesucht, die nach den Angaben einer bekannten Website als sehr schön eingestuft wurde. Die ganze Wand hätten wir fast für uns alleine gehabt, da kommen doch glatt zwei Jungs aus Litauen und steigen vor uns in die Tour ein. Ich mache den Vorschlag, eine andere Tour zu klettern, zumal die beiden vor uns sehr langsam waren und die Mücken meine Wadeln schon kräftig hergestochen hatten. Nein; wir machen diese Tour, weil ausgewählt bleibt ausgewählt! Es ging dann doch noch flotter als gedacht, und da die Burschen die schwere Zugabe nicht kletterten, waren wir oben eh allein. Nach getaner Arbeit gingen auch wir zu Ruggero, da es bei ihm einfach am besten schmeckt und alles frisch gekocht wird.
Donnerstag: Wetterbericht Sonne, heiß. Wir stehen früh auf, da es ja mächtig warm werden soll. Nach dem Frühstück fahren wir gleich los zur Costa del Anglone (Ostseitig!) und steigen um ca. 9.00 in die Tour ein. Es war schon sehr warm, die ersten Seillängen gingen noch, da hie und da ein schattiger Busch stand. Da Hans in der vierten Seillänge länger nach dem Stand suchen musste, und ich in der prallen Sonne verweilen musste, wurde mir zwischenzeitig ein wenig übel; auch leichter Schwindel war die Folge der Hitze.
Als er Stand machte, kam ich nach und setzte mich aber dann kurz in ein schattiges Eckerl, einen Teil des Trinkwassers schüttete ich mir über den Nacken, denn ich bekam ja schon zu hören, dass es ihm ja nicht heiß sei und man das schon aushalten kann. (er geht ja auch bei 36° joggen). Als wir den Vorbau hinter uns hatten, bestand ich auf eine Pause im kleinen Wald vor der Steilwand! Wir saßen dort sehr lange, denn diese schwere Kletterei geht bei mir nicht in der Gluthitze. Als der Schatten dann hier war, ging es super voran, und nach langem Abstieg in der Sonne waren wir um ca. 16.00 am Parkplatz; dort machten sich gerade zwei Kletterer fertig zum Losgehen!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Freitag: Gottseidank, es regnet. Vormittags wandern wir zur Burg hoch. Dort war der Hans nämlich trotz mehrfacher Arco Reisen noch nie! Nachmittag wollte er dann doch nochmal was Kurzes klettern, dies wurde dem Himmel sei Dank durch Regenschauer vereitelt! Ich konnte mich ausrasten.
Samstag: 6.00 früh, Hans wetzt schon unruhig im Bett herum, dann steht er auf und schaut aus dem Fenster. Die Sonne scheint, ich ahne Schlimmes. Wir müssen bald raus und frühstücken. Dann ab nach Mandrea. Die Tour ist wieder mal Ostseitig ausgerichtet (wie hier fast alles). Der Zustieg ist kurz, wir steigen ca. 8.30 ein. Es scheint noch angenehm zu sein, doch bereits bei der ersten Seillänge spüre ich die Hitze auf meine Rücken.
Es geht ganz gut voran, doch nach der vierten Seillänge ohne Schatten muss ich den Vorstieg aufgeben. Ich sagte zu Hans, dass ich mich im Nachstieg schon genug schinden muss, da wäre mir das Vorsteigen zu gefährlich, denn wenn der Kopf schon so heiß gelaufen ist, sind Konzentrationsstörungen nicht weit weg und in Folge wohl gefährlich.
So klettern wir halt weiter bis zur letzten aber auch schwersten Seillänge. Der einzige Stand der ganzen Tour im Schatten, was bin ich froh! Und da sich auch Hans diesmal etwas schwerer tut, kann ich länger an dem schattigen Platzerl verweilen. Als er oben am Ausstieg ankam, fühlte ich mich bereits viel besser. So stieg ich abgekühlt in die 6c Seillänge, bei der ich davor schon Angst hatte, ich käme nie hoch, da der Quergang kaum technisch zu klettern war – meine Arme sind kürzer als die vom Hans- und der Abstand der Sicherungshaken im letzten Aufschwung auch so weit auseinander war, dass ich nicht zu den vorgehängten Schlingen hinkam. Nachdem ich diese knifflige Stelle ausgetrickst hatte, war ich dann auch rasch oben und der Hans meinte erstaunt: „Hö bist scho do!?“
Am Abend dann ordentlich feiern beim Ruggero, am letzten Tag kann man schon ein Flascherl trinken. Ich wies im Zuge des Feierns darauf hin, dass diese Tour auch im Schatten möglich gewesen wäre, worauf Hans meinte, was man denn dann den ganzen Tag machen soll??
Meine Antwort: Lange Schlafen, spät frühstücken, dann in den Ort schlendern, am Pool liegen, baden etc…und dann um 15.00 einsteigen. Und ohne Sonnenstich die Wand durchsteigen.
Nachdem ich mich am Sonntag geweigert hatte, wieder Ost Touren zu klettern – Wetter: Sonne 30°- kletterten wir zum Abschluss Westseitig eine leicht aber lange Plattentour. Das war super, ein toller Ausklang und beim Ausstieg war die Sonne dann auch wieder da :-)
Wir fuhren dann ohne(!) Mittagessen durch bis Tirol, dann ein kurzer Zwischenstopp und weiter nach Salzburg.
Wir haben über 1300 Klettermeter gemacht, aber erholsam war es nicht wirklich. Erst nach einer Woche war mein Gehirn wieder im Normalmodus, denn die Hitze hatte es beträchtlich in Mitleidenschaft gezogen, inklusive Schwindel Kopfweh und erhöhtem Ruhepuls.
Fazit: der frühe Vogel hat einen Sonnenstich bekommen und ich werde in Zukunft selbst entscheiden, wann ich zu welcher Tour auch immer aus den Federn springe. Denn wenn es die Umstände erfordern, stehe ich auch um 3.00 früh auf.
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