Mittwoch, Dezember 18, 2024
Diary

Klare Sicht mit dem selbstgebauten Feinstaubsensor

Die Feinstaubsituation in Graz scheint 2017 völlig ausser Kontrolle zu geraten. Zwar hat die aktuelle Wetterlage und der für Graz ungewöhnliche Wind für eine Verbesserung der Luftqualität gesorgt, jedoch wird diese nur von kurzer Dauer sein. In Graz sind pro Jahr maximal 25 Überschreitungen der Grenzwerte zulässig. Diese wurden schon Anfang Februar erreicht.

Feinstaubpartikel sind besonders gefährlich, da sie nicht wie größere Staubpartikel ausgehustet werden können, sondern direkt in die Lungenbläschen und den Blutkreislauf gelangen. Dadurch können Lungenschäden und Herzerkrankungen begünstigt werden, wodurch laut Experten Menschen in schwer belasteten Städten wie Graz eine geringere Lebenserwartung haben.

Das Bild zeigt bereits teilweise zersetzte Feinstaubpartikel mit einem Durchmesser von 20 µm (via innovations-report.de)

Zu den Hauptverursachern der hohen Schadstoffwerte zählen Verkehr, Industrie und Hausbrände. Der Verkehrsklub Österreich (VCÖ) forderte schon Anfang des Jahres verstärkte Maßnahmen gegen die Luftverschmutzung. Immerhin gab es bis Ende Februar eine Aktion der Verbund Linien durch die man an Tagen an denen der Feinstaubgrenzwert überschritten wurde mit einer Stundenkarte die Öffentlichen Verkehrsmittel für 24 Stunden benutzen durfte. Eine Testphase mit Elektrobussen aus China scheiterte jedoch. Laut der Kleinen Zeitung scheinen diese Busse technisch in einem verheerendem Zustand zu sein. „Adaptierungen“ seien laut der Holding Graz nötig bevor diese jemals Fahrgäste transportieren würden. Der Grünen-Gemeinderat Karl Dreisiebner äusserte sich dazu: „Die 950.000 Euro, die uns das bis jetzt gekostet hat, hätten wir besser in den Ausbau der Bim gesteckt.“

Feinstaubpartikel © Land Steiermark (via umwelt.steiermark.at)

Offene Daten

Wer sich schon einmal über die Feinstaubbelastung an seinem Wohnort informiert hat wird wissen, dass dies gar nicht so einfach ist. Zum Einen ist das Netzwerk an öffentlichen Luftgüte-Messstellen dünn gesät und zum Anderen verfügen nicht alle Messstellen über einen Feinstaubsensor. Darüber hinaus wird bei den vorhandenen Sensoren meist nur der PM10 und nicht der gefährlichere PM2,5 Wert ermittelt. Diese Werte beziehen sich auf die Partikelgröße in Mikrometer (µm): PM10 = 10 µm, PM2,5 = 2,5 µm. Je kleiner der Feinstaub ist, desto gefährlicher ist dieser für die Gesundheit des Menschen.

Um etwas mehr Klarheit und Bewusstsein in die Feinstaub-Situation zu bringen hat eine Stuttgarter Initiative ein Netz aus selbstgebastelten Feinstaub-Messgeräten aufgebaut. Stuttgart ist ähnlich wie Graz einer enorm hohen Schadstoffbelastung ausgesetzt. Das OK Lab Stuttgart hat einen Sensor entwickelt der im Eigenbau um etwa € 30,- hergestellt werden kann. Dabei ist Jede/r eingeladen mitzumachen, denn Einkaufsliste sowie Baupläne sind auf der Projektseite luftdaten.info frei zugänglich. Dadurch wird es nicht nur jedem Bastler möglich die Situation vor seiner Haustüre zu beurteilen, sondern es werden auch Daten erhoben die zu neuen Erkenntnissen führen können.

300 Sensoren sollen es irgendwann in Stuttgart alleine sein, wodurch Peaks und lokale Belastungen sichtbar gemacht werden. Die Auswirkung von Stosszeiten, etwa an stark befahrenen Straßen, kann durch Protokollierung der Messwerte objektiv beurteilt werden. Die Daten werden in eine öffentliche Karte eingetragen und im fünf Minuten Takt aktualisiert.

Auch in Graz gehen jede Woche neue Sensoren online, so wie vor einigen Wochen auch an der Hauswand des Trift-Hauptquartiers.

Der Zusammenbau der Messstation ist denkbar einfach und es sind dafür weder Programmier- noch Elektronikkenntnisse nötig:

Bei der Eigenmessung ist es interessant zu beobachten wie sich die Feinstaubbelastung mit der Tageszeit, der Verkehrssituation und der Wetterlage verändert. Das schafft innerhalb kurzer Zeit ein gutes Bewusstsein dafür, welche Faktoren bei der jeweiligen Wohnsituation für die Luftqualität ausschlaggebend sind. Im besten Fall hinterfragt man auch hin und wieder die eigenen Gewohnheiten und entscheidet sich doch für das Rad oder die Öffis anstatt das eigene Auto zu starten.

Wichtig ist es jedenfalls, bei der Auswertung der Daten die Lage des Sensors zu berücksichtigen, da es einen Unterschied macht ob dieser im dritten Stock im Innenhof oder auf der Straßenseite im Erdgeschoss angebracht ist. Der Trift-Sensor etwa befindet sich im zweiten Stock, gleich ums Eck einer stark befahrenen Straße.

Ich kann jeder/m Interessierten/m nur empfehlen seinen eigenen Sensor in zu basteln. Falls es dabei irgendwelche Fragen gibt kann man sich gerne bei mir melden oder einfach bei einem unserer beliebten Stammtische vorbeischauen, um den ganzen Staub gemeinsam bei einem Gläschen runterzuspülen.

Mehr zum Thema: