Preisfrage: Wo leben die fleißigsten Kaffeetrinker außerhalb der Trift-Redaktion? Interessanterweise nicht in Ländern wie Italien, Brasilien oder Kolumbien, wie man vielleicht spontan denken würde, sondern in Skandinavien: Finnland, Norwegen und Schweden liegen beim Pro-Kopf-Verbrauch ganz vorne. Und die Schweden sind nicht nur ein ganz harter Brocken, sondern zelebrieren das Kaffeetrinken auch mit einem Ritual, das das wohltuende Gegenteil der gehetzten Coffee-to-go-Kultur ist: Fika.
Fika ist nicht, wie man als Deutschsprachige(r) denken könnte, irgendeine Ferkelei, sondern abgeleitet von „kaffi“, umgangsschwedisch für Kaffee, und bezeichnet das gemütliche gemeinsame Kaffeetrinken, das in Schweden in der Arbeit und der Freizeit ausgiebig praktiziert wird und in der Regel zwischen 15 und 45 Minuten dauert. Sehr sympathisch: Schwedische Angestellte sammeln beim Boss eher Minus- als Pluspunkte, wenn sie während der Fikapause am Schreibtisch sitzen bleiben, denn in vielen Firmen ist die Fika quasi obligatorisch als die perfekte Gelegenheit, ungezwungen Zeit miteinander zu verbringen und sich auszutauschen. Hier geht es nicht darum, sich möglichst schnell und effizient mit Koffein aufzuputschen, sondern darum, innezuhalten und mit einem Heißgetränk und einem Snack gemeinsam das Leben zu genießen. Damit ist die Fika so was wie das Slow Food unter den Kaffeepausen. Die glücklichen Schwedinnen und Schweden verbringen im Schnitt 9,5 Tage im Jahr damit.
Allerdings war das Verhältnis der Nation zum Kaffee nicht immer so entspannt. Im 18. Jahrhundert versuchte König Gustav III mit allen Mitteln, seinen Untertanen das Getränk zu vergällen: Mit Steuern, Verboten und nicht zuletzt der Wissenschaft: Anhand eines Experiments wollte er die gesundheitsschädliche Wirkung von Kaffee unzweifelhaft beweisen. Dazu wurden zum Tode verurteilte Zwillinge begnadigt unter der Bedingung, dass der eine täglich drei Kannen Kaffee trinken musste und der andere drei Kannen Tee. Ein Arzt sollte protokollieren, wie sich das auf die Gesundheit der Knastbrüder auswirkte. Die schöne Ironie an der Geschichte: Beide überlebten sowohl den Arzt als auch den König. Der Teetrinker verstarb schließlich im damals geradezu biblischen Alter von 83 Jahren. Der Kaffeetrinker wurde noch älter.
Seit den 1820ern hat das Kaffeetrinken in Schweden jedenfalls auch den Segen der Obrigkeit und die Fika ist inzwischen in der schwedischen Kultur ein ebensolcher unentbehrlicher Fixpunkt wie der morgendliche Steh-Espresso in Italien. Im Moment ist ja alles ein wenig schwierig, aber die Zeit wird kommen, wo wir uns wieder sorglos treffen und dann gern auch hierzulande dieser schönen Gepflogenheit frönen können und sollten. In diesem Sinne: God fika!
Herrlich! Stundenlang Kaffeesieden ist ein Hochgenuss. In der Grazer Sparbersbachgasse öffnet übrigens bald ein Co-WorkingCafé im fika-Spirit….