Regionale Traditionen sind oft spektakulär. Im ländlichen Österreich findet man beispielsweise bunt-brutale Krampusläufe, tobende Kirtags-Festzelte, oder höllengleiche Sonnwendfeuer. Bei näherer Betrachtung könnte man durchaus auf die Idee kommen, regionale Identität braucht immer ein bisschen Wahnsinn.
Die Katalanen spinnen sich im Bau sogenannter Castells aus. Bei diesen „menschlichen Burgen“ versuchen die Castellers, gegenseitig auf den Schultern stehend, einen Turm gewisser Höhe zu errichten. Je nach Form, bilden ein bis mehrere Personen eine Ebene, wobei die unterste Ebene von einer ganzen Menschenmenge zusammengehalten wird, und in der obersten meist Kinder zu finden sind.
Für die Beschreibung von Castells existiert eine eigene Notation, die mindestens die Höhe und die Anzahl von Personen pro Ebene angibt: Ein 4de8 ist ein Turm mit acht Ebenen aus je vier Personen, ein 3de9 ein Turm mit neun Ebenen zu je drei Personen, etc. Zehn Ebenen gelten bisher als Maximum im Turmbau zu Katalonien.
Obwohl diese Tradition sehr gefährlich aussieht, und die Castellers selbst „fer llenya“, also „Kleinholz machen“ dazu sagen, wenn ein Turm in sich zusammenstürzt, sind seit dem 18. Jahrhundert erst drei Todesfälle dokumentiert. Trotzdem ist es sicherlich schlau, dass wenigstens seit 2006 den Kindern an der Spitze des Turmes Helme aufgesetzt werden. Denn irgendwo sollte die Grenze zwischen Vernunft und Regionalwahn nun doch sein.
Is jo geil… des miass ma a probieren!