Während man in Chicago 1856 damit begann die gesamte Innenstadt um etwa 1,5 Meter anzuheben, wurden auch auf dem alten Kontinent Häuser gehoben, gedreht und transloziert (versetzt). Leider nicht immer erfolgreich. Der Versuch das Gasthaus „Hirsch“ in Nagold, südwestlich von Stuttgart, anzuheben scheiterte kläglich. Am 5. April 1906 kam es zum Einsturz der über 50 Todesopfer und rund 100 Verletzte forderte.
Der Auftrag für die Anhebung wurde an Erasmus Rückgauer vergeben, welcher zu diesem Zeitpunkt schon über 80 Häuser gehoben, gedreht und versetzt hatte. Etwa 45 eingewiesene Arbeiter sollten die Winden bedienen mit denen das Haus in die Höhe geschraubt wurde. Wie sich bei späteren Untersuchungen herausstellte befand sich das Gasthaus aber nicht in „hebungsfähigem Zustand“. Darüber hinaus führte die spontane Beteiligung von 20 bis 30 Mitgliedern des Turnvereins, des Liederkranzes sowie weiterer Personen zu einer ungleichmäßigen Hebung des Gebäudes. Zuletzt waren ungefähr 100 Personen an den Winden beschäftigt.
Nachdem sich das Haus während der Anhebung zu zersetzen begann, konnte es nach einigen Stunden der Belastung nicht mehr standhalten. Es soll erst nach Süden und dann nach Norden geschwankt sein, bevor es schließlich trichterartig einstürzte.
Neben den 100 Arbeitern befanden sich zum Zeitpunkt des Einsturzes noch weitere Personen im Gasthof, da der Wirtshausbetrieb im ersten Stock ungestört weiter ging. Auch im zweiten Stock befanden sich Menschen die sich mit dem Gasthaus anheben lassen wollten.
Erasmus Rückgauer wurde zu sechs Monaten Gefängnisstrafe verurteil. Zur Zeit des Schuldspruchs litt Rückgauer an einem Leberleiden mit Gelbsucht und Bauchwassersucht sowie allgemeinem Kräfteverfall und verstarb ehe er seine Strafe antreten konnte.