Donnerstag, November 21, 2024
Diary

Fürchtet euch (nicht)

Dieser Beitrag wird uns von Markus Sammer präsentiert.
Schwindelerregende Höhenangst in Hitchcocks "Vertigo" (youtube.com)
Schwindelerregende Höhenangst in Hitchcocks „Vertigo“ (youtube.com)

„Das Einzige, was wir zu fürchten haben, ist die Furcht selbst“, sagte Franklin D. Roosevelt einst. Klingt toll, aber hilft es weiter, wenn man unter Panophobie leidet – der Angst vor allem und jedem?

Ängste sind ein spannendes Thema, das ich hier furchtlos antriften möchte. Grundsätzlich kennt jede/r das Gefühl, vor irgendetwas oder in bestimmten Situationen Angst zu haben. Wer behauptet, keine Angst zu kennen, ist entweder ein schamloser Lügner, geistesgestört oder von der Evolution ganz schlecht ausgerüstet. Denn Angst ist einer der wichtigsten Schutzmechanismen, den uns Mutter Natur mitgegeben hat. Sie schärft die Sinne, steigert unsere körperliche Leistungsfähigkeit und lässt uns so tatsächlichen oder vermeintlichen Bedrohungen entkommen. Ein gesundes Angstempfinden entscheidet letztlich darüber, ob man vor dem PC sitzen und trift.org lesen kann, oder einem dieses Vergnügen verwehrt bleibt, weil die gesamte Ahnenschaft einst bereits von Säbelzahntigern zerfleischt worden ist.

Die Natur tat also gut daran, uns das Instrumentarium Angst mitzugeben und es recht sensibel einzustellen. Nun sind zum Glück den Menschen im Zuge des Evolutionsprozesses unmittelbare körperliche Bedrohungen, wie z. B. wilde Tiere, immer mehr abhandengekommen. Andererseits gab uns dies Zeit und Muße, um neue, teils zivilisationsbedingte Phobien zu entwickeln. Und so treiben unsere Ängste mittlerweile teilweise bemerkenswerte Blüten.

Zu den am weitesten verbreiteten und akzeptiertesten Phobien zählen vermutlich die Höhenangst (Akrophobie) und ihre Halbschwester, die Flugangst (Aviophobie). Letztere resultiert jedoch seltener aus Angst vor der Höhe als aus der Angst vor dem mit dem Einsteigen in ein Flugzeug verbundenen totalen Verlust der Kontrolle über das eigene Schicksal. Das erklärt vermutlich auch, warum im Gegensatz dazu kaum jemand Angst davor hat, sich ins Auto zu setzen, obwohl das statistisch gesehen wesentlich lebensgefährlicher ist.

Ebenfalls noch einigermaßen akzeptiert ist es, lieber die Treppe als den Aufzug zu nehmen, weil man glaubt, unter Platzangst (Agoraphobie) zu leiden. Tatsächlich leidet die betreffende Person jedoch unter Raumangst (Klaustrophobie), da sie ansonsten eher den Grazer Hauptplatz am Sonntagmorgen meiden würde als den beengten Aufzug.

Anatidaephobie (via comicsbulletin.com)
Anatidaephobie (via comicsbulletin.com)

Für Personen, die unter Coulrophobie leiden, der Angst vor Clowns, haben sicherlich alle Verständnis, die Stephen Kings ES gelesen oder Tim Curry als Pennywise in der TV-Verfilmung gesehen haben. Und Dentalophobie (die Angst vor dem Zahnarzt) gehört wohl ebenfalls zu den Klassikern.

Wer dagegen von Anthrophobie (der Angst vor Blumen) oder Zemmiphobie (der Angst vor Maulwürfen) geplagt wird, erntet vermutlich weniger Verständnis als belustigte Blicke. Doppelt bitter wird es, wenn die betreffende Person dann auch noch an Gelotophobie leiden sollte – der Angst, ausgelacht zu werden.

Mein persönlicher Favorit unter den schrägen Phobien ist jedoch die Anatidaephobie, die einfach zu schön ist, um wahr zu sein: Die Angst, irgendwo, irgendwie von einer Ente beobachtet zu werden. Tatsächlich hat sie sich wohl der Cartoonist Gary Larson ausgedacht. Sollten Menschen da draußen jedoch tatsächlich darunter leiden, wird ihnen auch kein Trost sein, dass Enten in der Regel Besseres zu tun haben als Menschen zu beobachten. Denn die genannten Phobien macht ja gerade aus, dass die ihnen zugrunde liegende Bedrohung entweder nonexistent oder zumindest maßlos überschätzt ist.

Was mich zum Schluss zu meiner ganz persönlichen Phobie bringt, die mich bereits seit Längerem plagt. Und zwar leide ich, seit ich Anfang der 90er Twin Peaks angeschaut habe, unter Bobophobie – der Angst vor Personen (oder Dämonen?) namens Bob. Mit diesem Unbehagen bin ich freilich nicht alleine.

Übrigens ist demnächst wieder Trift-Stammtisch – auch bekannt als Selbsthilfegruppe für Menschen mit Cenosillicaphobie, der Angst vor leeren (Bier-)Gläsern.

Bleibt abschließend nur zu hoffen, dass ich mit diesem Beitrag keine Triftophobie ausgelöst habe!

Quellen / Links