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Diary

Afrikanisches Tagebuch #1 Nairobi

Nairobi, 03.09.2019

Liebe Leute!

Diesmal hat es mich nach Kenia verschlagen. Gestern Nachmittag setzte ich mich in den Bus nach Wien, um meine Freundin Palvi in Nairobi zu besuchen. Heute sitze ich hier auf der Terrasse inmitten einer der pulsierendsten Metropolen Afrikas umgeben von grünen Gärten, Palmen und exotischen Blumen.

Doch der Reihe nach: Der Urlaub war so gut geplant wie noch nie. Schon drei Tage vorher war alles gepackt, der Reisepass erneuert und die Fluglinie hatte den Flug bestätigt. Einem wohlverdienten, erholsamen Urlaub stand also nichts mehr im Wege. Ich nahm den Bus nach Wien, wo ich mich noch mit meiner Cousine Sabine traf. Wir aßen etwas in einem Restaurant und es war sehr gemütlich, bis Sabine mich fragte, welche Impfungen ich denn jetzt für die Reise bekommen hätte. Au weia!!! Da war doch noch was! Mein Impfpass lag daheim in Graz und Kenia ist ein Gelbfieberrisikogebiet, wofür man den Nachweis einer derartigen Impfung benötigt. Wenn schon nicht zum Hinfliegen, dann könnte das doch beim Heimflug Probleme bereiten. Was also tun? Glücklicherweise meint es seit jeher irgendjemand oder irgendetwas gut mit mir und Sabine hatte auch schon eine Lösung parat. Ihr Freund arbeitet im reisemedizinischen Zentrum in Wien. Wenn ich also jemanden in Graz hätte, der meinen sinnloserweise dort herumliegenden Impfpass kopieren könne, dann könnte mir ihr Freund einen neuen ausstellen. Wenige Telefonate und Minuten später, ließ meine Freundin in Graz vermutlich von ihrer zu schreibenden Dissertation ab und radelte durch den Regen zu meiner Wohnung, um meinen Impfpass abzufotografieren. Inzwischen startete der Freund meiner Cousine ins reisemedizinische Zentrum, um einen neuen Impfpass zu besorgen. Die Fotos des originalen Passes wurden verschickt und so eine nicht ganz astreine Kopie erstellt, mit der ich die Reise sicher würde antreten können. Wer solche Freunde hat, kann auch als Schussel wie ich getrost verreisen! Die Wartezeit vertrieb ich mir mit dem Konsum einiger Krügerl und eines Gulasch, um mich bereits vorab für das sicherlich wieder grausliche Flugzeugessen zu entschädigen und idealerweise einen im Flieger schlafbaren Zustand zu erreichen.

Am Flughafen klappte dann alles wie am Schnürchen und sogar das Essen im Flugzeug war einigermaßen reichlich und gar nicht so schlecht. Huhn oder Fisch stand bei Ethiopian Airlines am Speiseplan. Ich vermute, dass der Fisch die vegetarische Variante des Essens darstellen sollte. Eine besonders positive Überraschung war der anschließende Kaffee, den man getrost als solchen bezeichnen konnte. Mein Anschlussflug in Addis Abeba war netterweise ein paar Tage zuvor um drei Stunden vorverlegt worden, sodass ich dort nur zweieinhalb Stunden warten musste und der Flieger bereits um halb elf Uhr morgens in Nairobi landete. Auch, dass ich mir kein E-Visum im Internet vorab organisiert hatte (ich bin nunmal in einer analogen Welt aufgewachsen) erwies sich als glücklicher Zufall, denn die Schlange am Visaschalter war kurz und der Prozess schnell und einfach, während alle Reisenden, die ihre E-Visa bereits im Pass hatten, sich in einer langen Schlange vor der Einreisekontrolle anstellen mussten. So betrat ich bereits um 11:13 Uhr kenianischen Boden.

Vor dem Flughafen wartete tatsächlich, wie von Palvi angekündigt, ein freundlich wirkender Schwarzer mit einem Schild in Händen, auf dem mein Name stand. Ich konnte also die Taxifahrer, die mich mit meinem ganzen Gepäck natürlich sofort erspäht hatten, ruhigen Gewissens ignorieren. Kiparo – so hieß Palvis Freund, der mich abholen gekommen war – und ich stellten uns vor, er half mir mit meinem Gepäck und führte mich zur Parkgarage. Er setzte mich in seinen kleinen Toyota, startete den Motor, drehte das Radio auf, ging die Parkkarte entwerten und – kam 10 Minuten nicht wieder. Ich saß da im Auto, las gut 200.000 km vom Kilometerzähler ab, lauschte Michael Jackson, wie er „Heal the World“ trällerte und dachte mir, dass es hier gar nicht so gefährlich sein könne, wenn Kiparo mich einfach so minutenlang mit offenen Fenstern und laufendem Motor in der Flughafengarage stehen lässt. Schließlich kam er doch wieder, entschuldigte sich für seine lange Abwesenheit, da der erste Parkautomat defekt gewesen sei und wir fuhren los ins Großstadtgewühl von Nairobi.

Bald schlichen wir im Stau dahin, aber Kiparo freute sich, dass heute wenig Verkehr sei, da man sich noch fortbewege. Kurz darauf standen wir endgültig still. Den Stau nutzten zahlreiche Händler um uns permanent aber unaufdringlich diverseste Waren anzubieten: von Bananen über Geschirrtücher bis hin zu Feuerlöschern und Spazierstöcken. Irgendwann kamen wir an einem Stadion vorbei, über dem zahlreiche Marabustörche kreisten, welche, wie ich bemerkte, zu Dutzenden in den die Straße säumenden Alleebäumen nisteten. Vollkommen überladene Kleinmotorräder versuchten sich zwischen den Autokolonnen vor der hin und wieder am Straßenrand stehenden Polizei zu verstecken. Als es einmal etwas flüssiger dahin ging, matchten sich zwei klapprige, bunt bemalte Kleinbusse mit den Aufschriften „City Shuttle“ und „City Hoppa“ um den besten Platz im Getümmel. Nach über einer Stunde hatten wir die etwa 15 Kilometer bis zu Palvis Wohnort geschafft und bogen in eine ruhigere Seitenstraße ein. An ihrem Ende befand sich ein großes Eisentor, welches uns von einem uniformierten Pförtner geöffnet wurde. Wir fuhren durch ein weiteres Tor und standen vor Palvis Appartementblock. Fröhlich wurde Wiedersehen mit ihr gefeiert und hier sitze ich nun und bin gespannt, was die nächsten dreieinhalb Wochen so bringen mögen.