Samstag, September 28, 2024
Diary

Leck mich am Arsch (recht schön sauber)

Vulgär, jedoch alt und bewährt, ist der Ausspruch „Leck mich am Arsch“ ein fixer Bestandteil der deutschen Sprache. Seine Funktionen reichen vom Ausdruck freudiger Überraschung bis hin zur rüden Ablehnung ungewollter Forderungen. Und so obszön er auch klingen mag, beschreibt er doch ein ganzes Stück Kulturgeschichte – als Spruch und als Geste.

Obwohl anzunehmen bleibt, dass die symbolische Bedeutung der bewusst gerichteten Präsentation des Hinterteils so alt ist wie die Menschheitsgeschichte, finden sich in Europa erst ab dem Mittelalter Artefakte, die diese Geste erklären. Zu dieser Zeit nahm man scheinbar an, dass das Zeigen des bloßen Gesäßes einem Abwehrzauber gleichkommt, der die Menschen vor dem Einfluss von Dämonen, Geistern und Hexen schützen konnte. So finden sich immer wieder Darstellungen und Skulpturen an alten Stadtmauern, Kirchen und Klöstern, die wohl diesem Abwehrzweck gedient haben.

Mozarts Kanon "Leck mir den Arsch" (Quelle: imslp.org)
Mozarts Kanon „Leck mir den Arsch“ (Quelle: imslp.org)

In verbaler Gestalt verwandelte sich die Abwehrgeste vorerst in Erniedrigung des Gegenübers – durch den Verweis auf oral-anale Reinigung. Spätestens seitdem Goethe seinen Götz von Berlichingen auf der Theaterbühne „Er aber, sag’s ihm, er kann mich im Arsche lecken!“ verkünden ließ, ist dieser verbale Verweis als schwäbischer Gruß bekannt. Auch W.A. Mozart war inspiriert und verfasste 1782 den sechsstimmigen Kanon „Leck mich im Arsch“ (KV 382c), sowie später später „Leck mir den Arsch fein recht schön sauber“ (KV 382d).

Über die Zeit verlor der Ausspruch in einigen deutschsprachigen Dialekten seinen Biss und ging in die Alltagspache über. So hört man in manchen Regionen, zum Ausdruck von Überraschung oder Begeisterung, öfters ein „Geh leck!“, „Leck mi doch!“ oder diverse Abwandlungen davon. Die aktionistische Geste, das Herzeigen des blanken Hinterteils, ist mittlerweile auch eine Form anstößigen, doch milden Protests geworden. Im Englischen finden sich dementsprechend die Ausdrücke „mooning“ oder „flashing a browneye“ („ein braunes Auge aufblitzen lassen“), um in kurzer Form den Einsatz der Arsch-Geste auszudrücken, die heute wohl der Abwehr zeitgenössischer Dämonen dient.

"Mooning"-Aktion der ukrainischen FEMEN (Wikimedia Commons)
„Mooning“-Aktion der ukrainischen FEMEN (Wikimedia Commons, GNU Free document license)