Sonntag, Dezember 22, 2024
Diary

Lost in Translation – Erikativ

Dieser Beitrag wird uns von Markus Sammer präsentiert.
Fuchs beim Ersinnen eines Erikativs - grübel grübel und studier (Wikimedia Commons/D.O.N.A.L.D.)
Fuchs beim Ersinnen eines Erikativs – grübel grübel und studier (Wikimedia Commons/D.O.N.A.L.D., Panoramafreiheit)

Zu den vielen Verdiensten der Micky-Maus-Übersetzerin Dr. Erika Fuchs gehört auch, den Erikativ in unserer Sprache populär gemacht zu haben. Deshalb heißt er ja auch so wie er heißt. Nur humorlose Menschen nennen ihn Inflektiv. Kompliziert ausgedrückt wird der Erikativ gebildet aus der infiniten und unreflektierten Verbform unter Weglassen der Infinitivendung. Einfacher ausgedrückt: quietsch, seufz, grins.

Gebräuchlich wurde der Erikativ in der deutschen Sprache durch die ab Anfang der 1950er Jahre neu erschienenen Micky-Maus-Hefte. Deren Chefredakteurin Dr. Erika Fuchs kitzelte mit diesen lautmalerischen Verben nicht nur oft das Zwerchfell ihrer Leserschaft, sondern popularisierte damit auch ein äußerst effektives sprachliches Werkzeug, denn mit Erikativen lassen sich praktisch alle Umstände und Befindlichkeiten des menschlichen Lebens ebenso knapp wie prägnant beschreiben: schwitz, hüstel, freu, staun, trift, schluck, laber usw.

Und für Lebensbereiche, die in der heilen Disney-Welt keinen Platz haben, reichte das deutsche MAD unter Herbert Feuerstein ab den 1970er Jahren die passenden Erikative nach: würg, kotz, stöhn, lechz.

Abseits von Comics erikativte unter anderem auch dereinst die EAV: „grübel grübel und studier“.

Mit dem Aufkommen von Internet und SMS wurden Erikative zu einem festen Bestandteil des Netzjargons, wobei sie meist auf einen einzigen Buchstaben abgekürzt und durch etwas alberne kleine Sternchen von bloßen Tippfehlern unterschieden werden (*g*).

Meiner Meinung nach kann man gar nicht genug Erikative im Wortschatz haben. Wem ein besonders schöner Erikativ unterkommt oder gar einfällt, möge ihn daher bitte per Kommentar posten.

Quellen

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