Mittwoch, Dezember 25, 2024
Diary

Die Vier-Rad-Shrutibox

Shrutibox geschlossen

Als ich vor rund einem Jahr meinen Freund Arthur besuchte, zeigte er mir voller Stolz einen kleinen Holzkasten mit Haltegriff. Arthur sagte, dies sei die alte Shrutibox eines Bekannten, der seineszeichens einen Faible für Indien, indische Kultur, indische Religion, etc. habe, und dementsprechend viel Zeit dort verbringt. Die Shrutibox gehöre nun ihm, Arthur, und er freue sich schon auf’s Musizieren. Doch was ist eine Shrutibox? Ich wusste es nicht, Arthur wusste es auch nicht genau. Also schlugen wir nach.

Shrutibox mit Hand

Eine Shrutibox ist ein einfaches Instrument zur Erzeugung von Borduntönen – also langen, anhaltenden Tönen. Sie wird hauptsächlich in Indien gebraucht und dient zur Begleitung von Gesang. Gespielt wird, indem man mit den Händen einen Blasebalg aufpumpt, der die Luft gleichmäßig durch Pfeifen abgibt. Die Pfeifen lassen sich mechanisch ein- und ausschalten und variieren in Anzahl und Stimmung je nach Box.

Die tonale Stimmung von Arthurs Shrutibox läßt sich schwer bestimmen. Im Netz findet man hauptsächlich Shrutiboxen, die westlich gestimmt sind – also mit acht bis zwölf Klappen, hinter denen sich die Noten c,d,e,etc. verbergen. Nun hat Arthurs Box jedoch vier Räder mit je drei Pfeiflöchern und Beschreibung für die Box findet sich auch keine.

Shrutibox mit Rädern von oben
Shrutibox mit Rädern von oben

Mein Gedanke war, dass sich die Tonhöhen der Box sich am indischen Musiksystem orientieren. Immerhin bezeichnet das Wort „Shruti“ die 22 kleinen Tonschritte, mit denen in der indischen Musik eine Oktave unterteilt wird. Also habe ich die einzelnen Pfeifen aufgenommen und die Töne und Frequenzen bestimmt.

Frequenzen und Tonhöhen der besagten Shrutibox
Frequenzen und Tonhöhen der besagten Shrutibox

Das Resultat der Messung war nicht zufriedenstellend. Die einzelnen Töne passen vage ins westliche Schema, liegen aber jeweils einige Hertz über oder unter den Normtönen. Besser funktionierte die Messung mit 445 Hz Basisfrequenz anstatt der international üblichen 440 Hz für A4.

Soweit ich das mittlerweile ermessen kann, hat die Stimmung der Pfeifen auch nichts mit den indischen Shrutis zu tun. Die indischen Shrutis sind im Unterschied zu den westlichen Halbtonschritten zwar unterschiedlich verteilt, jedoch konnte ich kein passendes Schema finden, das dem dieser Shrutibox gleicht.

Doch was soll’s – oft ist es besser nicht zu denken, sondern zu handeln. Die Shrutibox hat mir meine Angst vorm Singen genommen. Wenn man nur mit einem einzigen Ton konfrontiert ist, so fällt es nicht schwer, diesen nach einiger Zeit auch zu treffen, und die Resonanz, die sich dann spüren läßt, macht einfach ein gutes Gefühl – egal wie es sich auch anhören mag.

Quellen / Weiterführende Links