Mandi der Parkwächter ist tot. Solange ich mich erinnern konnte, saß der alte Mann vor seinem Parkwächterhäuschen; von früh bis spät, mit einem leisen Lächeln auf den Lippen. Von Zeit zu Zeit fuhr er die bei ihm eingestellten Fahrzeuge ein und aus, ihm das Bier, er führte den Schmäh‘, oder der ihn. Er gehörte zu diesen speziellen Menschen, die einen Ort ausmachen. Ein Original, das mit einem Platz, mit seinem Platz, irgendwie verwachsen schien.
Wir Kinder wanderten jeden Morgen und jeden Nachmittag an seiner Garage vorbei. Der Mann, der damals schon alt war, immer schon alt war, war für uns eine Institution am Schulweg. Er gab uns die Süßigkeiten, die zuhause verboten waren, wir bewunderten gemeinsam die spannenden Fahrzeuge, die zu hüten seine Aufgabe war, und es gab Mandi selbst, mit seinen wunderlichen Geschichten.
„Meine Frau ist eine wunderschöne Elfenfrau, die am Meeresgrund lebt“, erzählte er uns, „leider kann sie hier bei mir im Parkhaus nicht leben, aber sie ist doch immer irgendwie bei mir.“
„Seht ihr meinen Arm hier?“, fragte er uns, „da hab ich mit dem alten Tscherno Bill gerauft! Mich hat‘s nur am Arm erwischt! Ihr solltet ihn aber einmal sehen, den erkennt man nicht wieder!“
„Nein ich, ich war immer schon groß, ich war nie klein, auch nicht als Kind!“, sagte er uns, und wir glaubten es – zumindest für ein paar Jahre.
Als ich als junger Mann meine Heimat verließ, saß Mandi vor seinem Parkwächterhäuschen. Jedes Mal, wenn ich für seltene Besuche nach Hause kam, saß Mandi vor seinem Parkwächterhäuschen. Vergangenheit und Zukunft schienen für Mandi nicht zu exisiteren. Er war immer da, mit seinem verschmitzten Lachen, mit seinem beruhigenden Gleichmut.
Jetzt kehre ich zurück, und Mandi ist nicht mehr da. Das macht mich traurig. Und doch muss ich lächeln, wenn ich an ihn denke. Er gehörte hier her, und jetzt gehöre ich vielleicht hier her. Das Leben findet immer seinen Weg – durch den Beton der Zivilisation – es kriecht durch die kleinsten Ritzen, kämpft gleichmütig ums Dasein, und bringt Grün in unsre zu oft graue, blasse, selbstgemachte Welt. So wie Mandi. Ruhe in Frieden, du guter Mensch!
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GM3 („Gib mir drei“) ist der Versuch, aus drei Kulturartefakten (Bilder, Sätze, Zitate, Töne, etc.), die von außen vorgegeben werden, etwas Neues zu gestalten. In diesem Fall dienten die Bilder als Vorlage (Danke Rich).