Dienstag, März 19, 2024
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Deutsche Sprache, schwere Sprache #5 – Von Liebhabern und Dilettanten

Der Hundeliebhaber (Daniel Chodowiecki / 1781 via wikimedia commons)
Der Hundeliebhaber (Daniel Chodowiecki / 1781 via wikimedia commons)

Über eine Geschichte mit dem Namen „Von Liebhabern und Dilettanten“ würde ich denken, es geht einerseits um Liebe, Sex und Affären, anderseits um stümperhafte Amateure, die peinlicherweise glauben, eine Ahnung von dem zu haben, was sie machen. Doch die Dinge sind nicht immer so, wie sie scheinen. Liebhaberei und Dilettantismus sind hier nur zwei Beispiele dafür, dass Sprache im Wandel und kontextabhängig ist.

Sicher, ein Liebhaber kann die Person sein, die eine Liebesbeziehung zu einem Menschen unterhält, der in einer anderen Liebesbeziehung steht oder gar verheiratet ist. Ein Liebhaber kann auch eine Person sein, die sich für eine Sache begeistert oder passioniert einer Tätigkeit nachgeht. Dass Liebhaberei jedoch auch ein steuerrechtlicher Begriff ist, dürfte nicht sehr weit verbreitet sein. In diesem Kontext prüft das Finanzamt, ob jemand eine Gewerbe betreibt, ohne jemals die Absicht zu haben, Gewinn damit zu erwirtschaften. Versucht beispielsweise ein Autohändler seine steuerpflichtigen Gewinne dadurch zu senken, dass er das ständige Minus, das seine Go-Kart-Bahn seit ewigen Jahren produziert, gegenrechnet, so kann ihn das Finanzamt der Liebhaberei bezichtigen. Wenn er und seine Kumpels leidenschaftlich gerne Go-Kart fahren, dann wird die Geschichte noch plausibler: Und weg ist die Steuerersparnis!

Vor einigen Jahrzehnten hätte man wohl noch gesagt, der besagte Autohändler sei ein Dilettant im Go-Kart-Fahren. Der Begriff galt ursprünglich zur (positiven) Abgrenzung gegenüber Leuten, die ihren Lebensunterhalt mit einer Tätigkeit verdienten. Viele Adelige, die sich künstlerisch betätigten, sollten nicht in einem Zuge mit Musikern, Malern, Bildhauern oder anderen Handwerkern genannt werden, die diese Tätigkeiten „gezwungenermaßen“ ausübten. Diese Adeligen waren Dilettanten in ihrer Kunst. Erst die heutige Umgangssprache suggeriert uns, dass dilettantisch etwas mit unsachgemäßer Ausführung oder Stümperhaftigkeit zu tun haben könnte. „Hobby“, „Nebenberuf“ oder eben „Liebhaberei“ wären heutzutage treffendere Synonyme für dilettantische Tätigkeiten.

Ein Blick in die Wikipedia verrät dann noch, dass Dilettantismus schon viel gebracht hat:

  • Goethe entdeckte (nebenbei) die Metamorphose der Pflanzen
  • Benjamin Franklin erfand (nebenbei) den Blitzableiter
  • Der Pastor Robert Stering erfand (nebenbei) den Sterlingmotor

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