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Diary

Afrikanisches Tagebuch #6 Mount Longonot und Naivashasee

Mount Longonot, 12.09.2019

Am heutigen Tag habe ich wieder einen meiner ursprünglichen Pläne für meinen Aufenthalt hier ausgeführt. Nachdem mir Mount Kenya zu hoch und seine Besteigung daher zu aufwendig ist, hatte ich nach ausführlicher Recherche beschlossen, Mount Longonot zu besteigen. Mount Longonot ist ein erloschener Vulkan, dessen Krater man einfach umrunden kann.

Gleich nach dem Aufstehen machte ich mich auf den Weg. Da ich bereits direkt am Eingang zum Nationalpark genächtigt hatte, brauchte ich ebendort nur noch den Parkeintritt zu bezahlen und schon konnte es los gehen. Ein Schild am Eingang wies mich darauf hin, dass ich mich bereits auf über 2.100m Seehöhe befand und bis zum Kraterrand 3,1 Kilometer zurücklegen würde müssen. Munter spazierte ich drauf los und bereits nach wenigen hundert Metern sah ich Zebras und Antilopen auf einer Wiese grasen. Der staubige Weg führte zunächst sanft ansteigend durch lichtes Buschwerk. Noch einige male hörte ich auf beiden Seiten des Weges im Buschwerk größere Tiere offensichtlich vor mir fliehen, ohne sie jedoch erkennen zu können. Außerdem wurde mir die außergewöhnliche ornithologische Vielfalt Kenias bewusst, denn überall in den Sträuchern zwitscherte und flatterte es unentwegt. Nach einiger Zeit führte der Weg eingeschnitten durch die vom Vulkan abgelagerten Materialschichten und wurde zunehmend steiler, bis schlampig betonierte Stufen den Aufstieg erleichterten.

Blick in den Krater

 

Frühstück am Berg

Nach kurzer Zeit erreichte ich ein Plateau auf dem ein kleiner Pavillon stand, von dem sich erste schöne Blicke über den Grabenbruch eröffneten. Etwas abseits im Gebüsch gab es sogar ein Klohäuschen. Kurz ging es wieder flacher weiter, ehe der Weg erneut steiler wurde. Nach etwa einer Stunde hatte ich den Kraterrand erreicht und sah vor mir in ein dicht bewaldetes riesiges, tiefes, grünes Loch – den Krater von Mount Longonot. In einem kleinen Unterstand genoss ich mein mitgebrachtes Frühstück und blickte auf der einen Seite weit über den Grabenbruch auf der anderen hingegen in den imposanten Krater hinab. Nachdem ich mich gestärkt hatte, nahm ich die – wie mir abermals auf einem Schild mitgeteilt wurde – 7,2 Kilometer lange Umrundung des Kraters in Angriff.

 

Longonot heißt in der Sprache der Masai „Berg der vielen Gipfel“ und so führte der Pfad immer wieder bergauf und bergab führend und stets genau am Kamm entlang über die vielen kleinen Vorgipfel des Berges. An einer Stelle markierte ein Schild den „Crater descent point“, was ich mir natürlich nicht entgehen lassen konnte. Allerdings war etwa auf halber Höhe in den Krater hinab an einer unüberwindbaren, senkrechten Steilwand Schluss mit dem Abstieg, und so kehrte ich zurück auf den Kraterrand und setzte meine Umrundung fort. Schließlich gelangte ich auf den 2780 Meter hohen Hauptgipfel des Berges. Schon während des Weges hatten sich mir immer wieder herrliche bis sensationelle Blicke über den Grabenbruch, den Naivashasee, den Hell´s Gate Nationalpark mit den Rauchsäulen seiner Geothermalquellen und in den Krater, welcher etwa zweieinhalb Kilometer Durchmesser hat, hinein eröffnet. Am Gipfel jedoch erschloss sich mir nun ein 360-Grad Panorama, wie ich es noch kaum einmal wo gesehen habe, über die Weiten des Grabenbruchs. Ich genoss die Weite und Ruhe (bisher waren mir lediglich einige wenige andere Wanderer begegnet) und setzte danach meinen Weg fort, der nun fast ausschließlich bergab zurück zum Ausgangspunkt der Umrundung führte. Langsam kam immer stärker werdender Wind auf, und kurz bevor ich am Ausgangspunkt ankam, wehte eine heftige Böe meinen Safarihut in den Krater. Noch einmal stieg ich ein wenig in diesen hinab, um meine Kopfbedeckung zu bergen – doch ohne Erfolg. In den hohen, dichten Grasbüscheln des steilen Abhangs wird mein khakifarbener Hut wohl für immer verschwunden bleiben.

 

Naivashasee

Wieder am Ausgangspunkt der Rundtour angekommen, jausnete ich noch einmal und genoss dabei ausgiebig die Aussicht, ehe ich den Abstieg in Angriff nahm.

Zurück in „Shepherd´s Camp“ nahm ich als erstes eine ausgiebige Dusche, denn der gesamte Weg war im wahrsten Sinne des Wortes staub-trocken gewesen und ich kam mir vor wie einer der berühmten roten Elefanten aus dem Tsavo-Nationalpark, die sich mit der dort roten Erde einstauben, um ihre Haut zu pflegen. Anschließend legte ich mich einfach auf die Wiese, schaute in den blauen Himmel und machte Siesta.

Als ich wieder erwacht war, teilte mir Palvi telefonisch mit, dass das geplante, kommende Kletterwochenende nicht im nahen Hell´s Gate Nationalpark sondern in Lukenya nahe Nairobi stattfinden würde. Also packte ich meine Sachen zusammen, verabschiedete mich von Ben und „Shepherd´s Camp“ und fuhr weiter, da ich vor meiner morgigen Rückfahrt nach Nairobi noch ein paar Kilometer zurücklegen wollte. Als die Sonne unterging, hatte ich die Stadt Gilgil erreicht. Ich wusste bereits aus „leidvoller“ Erfahrung, dass es nun in einer halben Stunde finster sein würde, also hielt ich Ausschau nach einem Nachtquartier. Kurz nach Gilgil kam ich an den Elementeitasee, einem beliebten, recht noblen Wochenend- und Feriendomizil für die reichere Gesellschaft Nairobis. Zahlreiche Nobelressorts zierten die Umgebung des Sees und ich dachte schon, ich müsste überteuert in einem davon übernachten, bis ich ein nicht ganz so nobel wirkendes, handgemaltes Hinweisschild zur „Oldonyo Lodge“ stieß, welche demnach auch über einen Campingplatz verfügte. Also bog ich ab und fuhr ein paar hundert Meter über einen Feldweg bis ich an ein großes Tor kam. Ein freundlicher Wachmann öffnete mir. Ich fuhr auf das Grundstück und war offensichtlich in einem ebenso noblen Ressort gelandet, wie scheinbar alle in der Umgebung hier. Da es bereits deutlich dämmerte, und ich nicht noch einmal im Finstern Motorrad fahren wollte, fand ich mich mit dem Gedanken ab, heute wohl einiges für die Übernachtung berappen zu müssen.

Oldonyo Lodge

Ich stellte mein Motorrad am großen, leeren Parkplatz ab und eine junge Frau im Kapuzenpulli trat, offensichtlich etwas über den Besuch erstaunt, vor die Türe. Ich fragte sie, ob ich hier campen könne, was sie bejahte. Sicherheitshalber fragte ich gleich nach dem Preis dafür, was sie damit erwiderte, sie würde nur 600 Keniashillings (knapp sechs Euro) verlangen, was ich erfreut zur Kenntnis nahm. Sie führte mich durch die leere, große Eingangshalle und ich traute meinen Augen kaum. Auf der anderen Seite des Gebäudes fiel das Gelände, in Gartenterrassen angelegt, zum See hin ab, und es eröffnete sich ein wunderschöner Blick über denselben. Hier könne ich irgendwo mein Zelt hinstellen, meinte sie. Hocherfreut stellte ich mein Zelt zwischen den palmblattgedeckten Aussichtsplätzen auf und genoss den Blick über den See.

Die Bar in Oldonyo

Wie sich heraus stellte, war ich der einzige Gast, den es war keine Saison. Trotzdem bekam ich auf Anfrage noch ein ausgiebiges Nachtmahl, das ich im stylischen Barbereich des Ressorts zu mir nahm, ehe ich den Tag bei einem, weil der Kühlschrank der Bar nicht eingeschaltet war, warmen Bier auf der Aussichtsterrasse mit Blick über den See ausklingen ließ.

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