Das gute alte Klopapier ist derzeit in aller Munde. Ich find das gut. Endlich bekommt es die Liebe und Aufmerksamkeit, die es schon lange verdient. Und während ich Hamster- und Panikkäufe grundsätzlich ablehne, finde ich es doch sympathisch, dass die ÖsterreicherInnen Scheißpapier statt Schusswaffen hamstern. Für Trift eine gute Gelegenheit, zwischen zwei Hamsterkäufen kurz auf eine Errungenschaft zu blicken, ohne die niemand mehr freiwillig Chili oder Sauerkraut essen würde.
Rein von den Prioritäten her sollte man meinen, das Klopapier hätte in der Reihe der menschlichen Erfindungen irgendwo zwischen Feuer und Rad kommen müssen. Tatsächlich ließ es aber erstaunlich lange auf sich warten. Davor wurde der Hintern gerne mit der linken Hand gereinigt (die rechte war dem Händedruck und Essen vorbehalten), aber es wurde auch bereits fleißig gewischt – mit Blättern, Lumpen und angeblich sogar mit lebendem Federvieh. Das stell ich mir weder für Mensch noch für Vieh besonders prickelnd vor!
Erfunden haben das Klopapier wohl wie so vieles die Chinesen. Das war so ums 6. Jahrhundert rum. Ein paar Jahrhunderte später wurde Klopapier schon millionenfach produziert und natürlich spiegelten sich soziale Unterschiede auch am Häusl wider: So durften der Kaiser und seine Familie sich im 14. Jahrhundert schon mit besonders weichem und parfümiertem Toilettenpapier reinigen.
In Europa hinkte man dem allen weit hinterher, da wurde alles Mögliche verwendet, was wir heute nicht mehr an unsere Allerwertesten lassen würden, wie Lappen, Stoffreste, Moos, Heu oder Stroh. Erst mit der industriellen Herstellung von Papier und der Verbreitung von darauf gedruckten Zeitungen wurde im Westen dessen Wert für die Podexreinigung erkannt – obwohl es damals noch gar keine Österreich-Zeitung gab! Spezielles Toilettenpapier musste not(durft)gedrungen entwickelt werden, als das Wasserklosett sich im 19. Jahrhundert durchsetzte, weil herkömmliches Papier das ärger verstopfte als Al Bundy.
Die erste Fabrik speziell für Toilettenpapier wurde 1857 in den USA eröffnet. Ein paar Jahrzehnte später hatte dann irgendein Genie, die Idee, es perforiert auf Rollen zu verkaufen (bis dahin nur Einzelblatt). Im deutschsprachigen Raum machte sich die Firma Hakle mit der Einführung des zweilagigen (1972), dreilagigen (1984) und feuchten (1977) Toilettenpapiers unschätzbare Verdienste. Zu den ersten Kunden der Firma möchte man aber nicht unbedingt gehört haben, denn damals wurde noch Krepppapier als Toilettenpapier verkauft. Erst Ende der 1950er Jahre kam das weichere und damit wesentlich angenehmere Tissue-Papier aus den USA auch im deutschsprachigen Raum an (aber nicht in der armen DDR).
Schon in meine bewusst erlebte Zeit fällt dann die Einführung des Recycling-Klopapiers (Danke!), während feuchtes Klopapier in den 80ern bei uns noch Raumschiff-Enterprise-Science-Fiction war. Wie weit wir in vergleichsweise kurzer Zeit in der Evolution des Klopapiers gekommen sind, wird immer dann schmerzhaft bewusst, wenn man in Pfennigfuchser-Lokalen (oder gern auch auf Flughäfen) mit Klopapier konfrontiert wird, das selbst ein chinesischer Bauer im 14. Jahrhundert naserümpfend zurückgewiesen hätte und das seine schmiergelpapierige Beschaffenheit mit mangelhafter Perforation zu einem wahren Shit Sandwich kombiniert. Wer auch immer dieses Verbrechen gegen die Menschheit herstellt oder Gästen in seinen Toiletten vorsetzt, sollte gezwungen werden, nur mehr sein eigenes Klopapier zu verwenden. Dann würde sich das ganz schnell aufhören.
Da lob ich mir dagegen mein Setup daheim: Dreilagiges Klopapier, ehrlich, ohne Parfümierung, und dazu noch eine Schale feuchtes. Letzteres übrigens bitte nie ins Klo werfen, sondern immer schön in den Mistkübel nebenan, sonst verstopfen die Kläranlagen. Und verstopfte Kläranlagen können wir so dringend brauchen wie das Coronavirus.
Quellen
- Toilettenpapier bei de.wikipedia
- Museum für Scheiße