Montag, Dezember 30, 2024
Diary

Big Rock Candy Mountains

Zwei Hobos bzw. Landstreicher in den USA um das Jahr 1900 (wikimedia commons)
Zwei Hobos bzw. Landstreicher in den USA um das Jahr 1900 (wikimedia commons, gemeinfrei)

Viele Menschen träumen von einem besseren Leben und wünschen sich, es wäre einfach zu haben. Leider wird dieses Bedürfnis schon seit jeher politisch instrumentalisiert. Man kennt die biblischen Versprechungen vom Land, in dem Milch und Honig fließen, um eine Völkerflucht zu verschönern. Man hört von eifrigen Christen, denen die Himmelspforte nur dann offensteht, wenn sie nach strengem Moralcodex leben. Man trifft Bekannte, die sich krank arbeiten, weil sie später, in der Pension, genug Geld haben werden. Man liest von Muslimen, die in den Märtyertod gehen, weil sie sich im Himmel mit dutzenden Jungfrauen sehen.

Das Paradies auf Erden braucht nicht unbedingt Religion oder staatstragende Philosophien. Moralvorstellungen sind auch nicht notwendig. Lässt man einen Landstreicher seine Vision vom Leben im Schlaraffenland erzählen, hört sich das ganz anders an. Weder systemgepresste Vernunft, noch ein höheres politisches Ziel verderben seine Träume. Da er seine Gegenwart nicht opfert, sondern müßig verlebt, ist er auch schwer manipulierbar. Der 1928 von Harry McClintock aufgenommene Song „Big Rock Candy Mountains“ erzählt die Geschichte eines solchen Landstreichers. Er fordert seine Kameraden am Lagerfeuer dazu auf, ihm in ein Land zu folgen, in dem die Hennen weichgekochte Eier legen, ganze Seen mit Eintopf und Whiskey gefüllt sind, und alle Polizisten auf Holzbeinen gehen.

Zugegeben, nicht alle träumen von Zigarettenbäumen oder davon, nie die Socken zu wechseln. „Big Rock Candy Mountains“ erinnert einfach daran, dass jedem Menschen sein eigenes Paradies auf Erden offensteht, und lädt dazu ein, sich zumindest geistig hin und wieder in eine Welt zu begeben, in der des Lebens Süße an oberster Stelle steht.

 

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