Donnerstag, Dezember 26, 2024
Diary

Globalisierung macht den Weihnachtsmann

Noch bevor wir heuer das erste Mal von Whams „Last Christmas“ niedergedudelt werden, startet Trift verfrüht in den Winterverkauf. Der Weihnachtsmann bringt Geschichten! Denn jedes Jahr wird sein Erscheinen in Österreich kontrovers diskutiert. Dabei reicht die Palette der Erzählungen von „Der Weihnachtsmann verdrängt das Christkind!“, über „Der Weihnachtsmann ist ein falscher Nikolo!“, bis hin zu „Der Weihnachtsmann ist eine Erfindung von Coca-Cola!“. Dass in jeder Geschichte ein Fünkchen Wahrheit steckt, wird spätestens dann klar, wenn man den Weihnachtsmann als alten Kulturhybriden und Globalisierungsprodukt betrachtet. Ein kurzer Überblick:

Vom Nikolaus zum Christkind

Darstellung des heiligen Nikolaus von Myra aus dem 15. Jh. (wikimedia commons)
Darstellung des heiligen Nikolaus von Myra aus dem 15. Jh. (wikimedia commons)

Die Idee des Weihnachtsmanns geht vor allem auf den heiligen Nikolaus zurück. Die Legende besagt, dass er im 4. Jhdt. an der Mittelmeerküste gelebt haben und ein hilfsbereiter Menschenfreund gewesen sein soll. Er ging als Heiliger und Schutzpatron der Kinder in die kirchliche Lehre ein. In seinem Namen wurden seit dem Mittelalter Kinder beschenkt – rund um den 6. Dezember, seinem vermeintlichen Namens- bzw. Todestag.

Mit der Reformation und ihrer Ablehnung des Heiligenkults rückte der Bescherungstag weg vom 6., hin zum 24./25. Dezember. Nicht mehr der Nikolaus brachte Geschenke, sondern der „heilige Christ“, aus dem bald darauf das Christkind entstand. Spätestens Ende des 19., Anfang des 20. Jhdts. wurde das Christkind dann auch als katholisch empfunden, und etablierte sich von da an vor allem im südlichen Deutschland und Österreich als weihnachtliche Tradition. „Gott sei Dank“ brachte der Nikolaus in diesen Regionen auch weiterhin Geschenke – hatte aber seine bestrafenden Begleiter mit dabei, die je nach Region als Kramperln, Perchten, oder Knecht Ruprecht bekannt sind.

Vom Nikolaus zum Weihnachtsmann

Es heißt, dass in Skandinavien schon seit jeher eine Gestalt existiert, die Ruten und Nüsse verteilt, um die Menschen auf einen langen Winter vorzubereiten. Die Gestalt, die mit den nordischen Göttern Odin und Balder in Verbindung gebracht wird, fährt einen Rentierschlitten und trägt einen Wintermantel mit Kapuze. Gemischt mit dem Nikolaus-Brauch, schaffte diese Vorstellung zu Beginn des 19. Jhdts. den Sprung über den großen Teich.

Vor allem niederländische Kolonialisten brachten den Nikolaus als „Sinterklaas“ (später „Santa Claus“) nach Übersee. Ein 1823 anonym veröffentlichtes Gedicht „The Night before Christmas“ prägte dann letztlich den Mythos des „amerikanischen Weihnachtsmanns“, der mit fliedenden Rentieren reist, durch Kamine in die Häuser eindringt und Geschenke verteilt.

Warum der Weihnachtsmann so aussieht, wie er aussieht

Moritz von Schwinds "Herr Winter", gedruckt 1841 im "Münchner Bilderbogen"
Moritz von Schwinds „Herr Winter“, gedruckt 1841 im „Münchner Bilderbogen“

Eine der ersten Darstellungen seiner heutigen Form stammt aus der Feder der Österreichers/Münchners Moritz von Schwind, dessen Zeichnungen des „Herrn Winter“ 1847 im „Münchner Bilderbogen“ veröffentlicht wurden. In den Staaten ist das Aussehen des Weihnachtsmanns vor allem dem aus Deutschland stammenden Karikaturisten Thomas Nast zuzuschreiben, der ihn ab 1863 als alten, bärtigen Mann zeichnete, und ihn in den Farben rot/weiß kolorierte. Diese Darstellung wurde in weitere Folge derart dominant, dass die New York Times 1927 schrieb: „Ein standardisierter Santa Claus erscheint den New Yorker Kindern. Größe, Gewicht, Statur sind ebenso vereinheitlicht wie das rote Gewand, die Mütze und der weiße Bart“.

Coca-Cola verwendete dann ab 1931 den Weihnachtsmann in dieser Gestalt für seine alljährlichen, weihnachtlichen Werbefeldzüge, und trug so dazu bei, den rot-gekleideten, weißbärtigen, dicken Weihnachtsmann weltweit bekannt zu machen. Die US-Werbemaschinerie und -Filmindustrie tut seitdem ihr übriges, um weiter für die Verbreitung des Weihnachtsmann zu sorgen.

 

 

Santa in der Coke-Werbung (1938/Haddon Sundblum via http://www.mediapost.com/)
Santa in der Coke-Werbung (1938)

Man kann sagen, der Weihnachtsmann ist ein Produkt aus Vereinfachung und Globalisierung (Skandinavischer Rutenbringer, Südosteuropäischer Nikolaus, Niederländischer Sinterklaas, Amerikanische Poesie, Deutscher Herr Winter). Und auch wenn der Weihnachtsmann keine Erfindung von Coca-Cola ist, wird ihn der Konzern weiterhin rund um die Welt tragen. Am Ende treffen wir einen als dicken, bärtigen Europäer verkleideten Indigenen im Urwald einer verlassenen pazifischen Insel – und dieser hat dann nicht nur Geschenke parat, sondern bringt auch Voodoo, Schrumpfköpfe, oder ähnlichen Hokus Pokus.

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