Vorzugsweise in öffentlichen WC-Anlagen finden sich oft zahlreiche Kunstwerke, Sprüche und/oder Telefonnummern an Wand oder Türe gekritzelt. Dieses Phänomen hat viele Namen: Klospruch, Toilettengraffiti, Klopoesie, Haisl-Kunst oder Latrinalia sind nur einige davon.
Analog zur Ausscheidung von Körperflüssigkeiten, die der sozialen Norm entsprechend ALLEINE und AM STILLEN ÖRTCHEN verrichtet werden soll, entladen sich in den Toilettengraffitis geistige Ausscheidungen, die sonst in der Öffentlichkeit keinen Platz hätten. Sei es nur der Akt an sich – verbotenerweise eine Wand/Tür zu beschreiben – die den Anstoss gibt, oder aber eine Warnung an Kolleginnen zu hinterlassen „XXXX ist ein blöder Stricher/eine blöde Nutte“, oder die schriftliche Weitergabe von Reimen und Wortspielen, die man von Angesicht zu Angesicht niemals äußern würde. Das Spektrum möglicher Motive reicht weit, von purer Langeweile bis hin zur Hoffnung, dass die Offline-Kontaktbörse wirklich funktioniert.
Ob wirklich jemand Sexualpartner über die hinterlassene Telefonnummern findet ist mir nicht bekannt. Und auch wenn sich die Motive der Künstler nicht immer erschließen lassen, ist diese Art von Vandalismus fast immer eine Bereicherung, für mich jedenfalls. Das „Austreten“ wird zum kleinen „Aussteigen“ und gönnt dem Haisl-Kunst-Konsumenten eine Pause vom konformen Alltag.