Sonntag, November 10, 2024
Diary

The Gardens Between

Wer meine Spieleempfehlungen hier verfolgt, könnte denken, ich wäre lesefaul. Denn wie The Bridge und Old Man’s Journey kommt auch The Gardens Between ohne Worte aus. Aber ich liebe diese Spiele aus einem anderen Grund: Weil sie es schaffen, ihre Geschichte, ihre Spielmechanik und auch große Gefühle ganz ohne Narration oder Dialoge zu vermitteln, sondern nur durch Interaktivität – was eben nur Spiele können und was sie zur eigenständigen Kunstform macht, zu mehr als bloßen Romanen oder Filmen zum Mitspielen. Deshalb wünsche ich mir, dass noch viel mehr Leute mit diesem Medium in Kontakt kommen, abseits von Solitär oder Candy Crush. Und The Gardens Between ist vielleicht der ideale Einstieg in die Welt der Videospiele.

via thevoxelagents.com

Darin spielen wir zwei junge Teenager, die durch einen Umzug getrennt werden und zusammen einen Streifzug durch ihre Erinnerungen machen – hier in Form von „Erinnerungsinseln“, die jeweils einen Aspekt ihrer gemeinsamen Vergangenheit darstellen. Und das mit der bittersüßen Nostalgie von Wunderbare Jahre, nur für Kids der 80er: Mit Kassettenspieler, Nintendo-Videospiel, Videorekorder und Röhrenfernseher.

via thevoxelagents.com

Unsere Aufgabe ist dabei, ein Licht einen Berg hochzutragen und in eine Art Altar zu stecken, um ein Stück Erinnerung freizusetzen. Das tun wir, indem wir vor oder zurückgehen und auf diese Weise die Zeit vor und zurück spulen. Außerdem können wir mit bestimmten Objekten interagieren und dadurch unsere alles andere als statische Umgebung manipulieren, ohne uns selbst zu bewegen. Das ist alles. Aber wie clever, abwechslungs- und einfallsreich das Spiel seine simple Mechanik variiert, ist grandios. Da gibt es Nebelwände, durch die wir nur mit dem Licht durchkommen, aber auch Nebelbrücken, die sich bei Helligkeit logischerweise ebenfalls auflösen. Wir müssen also das Licht irgendwie an der Brücke vorbeischleusen. Immer wieder manipulieren wir Zeit und Umgebung so, dass sich Ursache und Wirkung auf den Kopf stellen und der gute Newton im Grab rotiert. Aber schließlich sind wir in einer surreal-traumhaften Welt, wo alles möglich ist: So können wir auch Pixelfiguren aus einem Bildschirm heraushüpfen lassen, um uns weiterzuhelfen. 

via thevoxelagents.com

The Gardens Between verlangt Fantasie und Um-die-Ecke-Denken, besonders hohe Hürden stellt es aber nie in den Weg. Maximale Zugänglichkeit war den Entwicklern ein Anliegen: Die Inseln sind klein, es gibt keine Gefahr zu sterben und keine Sackgassen, es verlangt keine schnellen Reaktionen und keine gut getimten Sprünge. Ich behaupte, auch wer noch nie im Leben einen Controller in der Hand gehabt hat, kann es problemlos spielen. Und was ich besonders schätze: Man kann Geistesblitze sofort ausprobieren, ohne langes Herumlaufen oder Passagen wiederholen zu müssen. So hält das Spiel den Geist stets angenehm auf Trab, ohne je frustrierend zu werden. The Gardens Between ist Gehirnjogging im besten Sinn, das eine kleine Geschichte optisch und akustisch stimmungsvoll transportiert und wunderbar in Gameplay übersetzt und beweist, wie fantasievoll und berührend „kleine“ Spiele sein können.

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